Auf einen Blick
- US-Notenbank Fed wird höchstwahrscheinlich erstmals seit 2020 die Zinsen senken
- Die Debatte über den Umfang der Zinswende sorgt für Unruhe
- Der Zinsentscheid kann viele Auswirkungen auf die Schweiz haben
Die ganze Börsenwelt blickt am Mittwoch nach Washington. In der Hauptstadt der USA legt die US-Notenbank Federal Reserve den neuen Leitzins fest. Den Zinsentscheid verkünden Fed-Chef Jerome Powell (71) und seine elf Kollegen um 20 Uhr Schweizer Zeit. Es handelt sich dabei um den schwierigsten und folgenreichsten geldpolitischen Beschluss der letzten Zeit – auch mit möglichen Auswirkungen auf die Schweiz.
Dabei ist klar, in welche Richtung es gehen soll: Die Fed wird den ersten Zinsschritt nach unten wagen – zum ersten Mal seit 2020, als die Corona-Pandemie die ganze Welt erfasste. Aktuell liegt der Leitzins in einer Spanne von 5,25 bis 5,5 Prozent auf dem höchsten Stand seit über 20 Jahren. Alle Analysten sind sich deshalb einig, dass es eine Zinssenkung geben wird.
Die US-Inflation ging im August weiter zurück auf noch 2,5 Prozent und hat sich damit dem Ziel der Fed von 2 Prozent angenähert. Gleichzeitig ist die Arbeitslosigkeit seit Anfang Jahr leicht gestiegen. Die abflauende Wirtschaft kann einen Impuls brauchen. Tiefere Zinsen treiben nach gängiger Volkswirtschaftslehre die Konjunktur an. Die Zeit scheint also reif, dass die Währungshüter aus den USA die Zinswende einläuten, nachdem etwa die Europäische Zentralbank und die Schweizerische Nationalbank (SNB) dies bereits vor Monaten getan haben.
Doppelschritt hat Aufwind
Nur: Die Meinungen gehen stark auseinander, wie stark die Fed die Zinsen senken soll. Die Debatte, ob Powell gleich einen grossen Zinsschritt um 0,5 Prozentpunkte vornehmen soll, hat sich zuletzt nochmals intensiviert. So haben sich kürzlich einflussreiche Stimmen für eine starke Senkung ausgesprochen – dazu gehört etwa Bill Dudley (72), der frühere Präsident der Federal Reserve Bank von New York. Die Befürchtung: Die Fed hat es beim letzten Zinsentscheid verpasst, den richtigen Zeitpunkt hin zu einer lockeren Geldpolitik zu finden, um auf den abschwächenden Arbeitsmarkt zu reagieren. Dieser Rückstand muss jetzt wettgemacht werden, so die Forderung.
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Die Mahner und Bremser wiederum verweisen auf die hartnäckige Kerninflation. Der Kernteil der Teuerung, der schwankungsanfällige Elemente wie Lebensmittel und Benzin ausklammert, verharrt weiterhin bei über 3 Prozent. Eine zu starke Senkung der Zinsen könnte die Inflation also erneut befeuern, so die Warnung der zurückhaltenden Stimmen.
Kurse könnten nach Zinsentscheid fallen
Das Lager des kleinen Zinsschrittes schien bis letzte Woche am längeren Hebel zu sitzen. Mittlerweile hat die Stimmung aber gedreht. Ein Grossteil der Investoren rechnet nun mit einer Senkung um 0,5 Prozentpunkte. Und genau das sorgt für Unruhe an den Märkten – insbesondere in den USA. Denn dort haben die Börsen seit Jahresbeginn stark zugelegt. Der breit abgestützte Index S&P 500 liegt in diesem Jahr knapp 19 Prozent im Plus, der Tech-Index Nasdaq ebenfalls – beide angetrieben von der Hoffnung auf Zinssenkungen.
Angesichts dieser Vorschusslorbeeren könnte sich der Zinsentscheid als sogenannten «Selling the News»-Event herausstellen. Sprich: Der Markt hat die Senkung so erwartet, diese ist deshalb bereits mit gestiegenen Kursen in den Aktien eingepreist. Anleger verkaufen dann zum Zeitpunkt der Meldung, um die Kursgewinne zu realem Geld zu machen. Die Konsequenz: Die Aktienkurse fallen. Und wenn die Börse in den USA bebt, schüttelt das auch den Markt in der Schweiz durch.
Schwacher Dollar ist schlecht für die Schweiz
Folgenreich ist der Fed-Entscheid aber auch, weil insbesondere ein grosser Zinsschritt den Dollar weiter schwächen würde. Gerade Japan zittert vor einer schwachen US-Währung. Der Yen ist zuletzt gegenüber dem Dollar auf einen Höchststand geklettert. Und genau diese Problematik hat von Japan aus das jüngste globale Börsenbeben Anfang August ausgelöst.
Gleichzeitig ächzt die Schweizer Exportwirtschaft immer mehr unter dem starken Franken. So hat die hiesige Uhrenindustrie am Dienstag die SNB aufgefordert, Massnahmen gegen die Frankenstärke zu ergreifen. Also schaut man wohl auch in den Uhrenstädten in der Romandie angespannt nach Washington.