Die Europäische Zentralbank (EZB) hat den Schritt vollzogen, mit dem Volkswirtinnen und Analysten fest gerechnet haben: Der EZB-Rat um Präsidentin Christine Lagarde (68) hat an diesem Donnerstag eine Verringerung der Leitzinsen um 0,25 Prozentpunkte beschlossen. Damit liegt der Zins, zu dem sich Banken frisches Geld bei der Notenbank besorgen können, neu bei 4,25 Prozent. Den Einlagenzins, den Banken für geparkte Gelder erhalten, reduzieren die Euro-Währungshüter auf 3,75 Prozent.
Dass EZB-Präsidentin Lagarde zum ersten Mal in ihrer Amtszeit eine Zinssenkung verkündet, war im Vorfeld erwartet worden. Letztmals hatte die EZB im Jahr 2019 die Zinsen reduziert. Fünf Jahre später ist es wieder so weit. Lagarde selbst hatte das Szenario bei der letzten Sitzung als «wahrscheinlich». Und verschiedene EZB-Ratsmitglieder bestätigten die Zinssenkungspläne. Auch an den Märkten waren die Meinungen längst gemacht.
Zwar ist die Inflation im Euro-Raum in letzter Zeit wieder gestiegen, von 2,4 auf zuletzt 2,6 Prozent. Jedoch rechnet die EZB damit, dass die Teuerung bis nächstes Jahr in den Zielbereich von 2 Prozent absinken wird. Daher sei eine Zinssenkung nun angebracht, so die Sicht der Zentralbank. Bei der letzten Sitzung im April hatte die EZB die Zinsen noch unverändert gelassen.
Kehrtwende im Jahr 2022
Im Juli 2022 hatte die EZB die Jahre der Null- und Negativzinsen beendet, um die zeitweise auf Rekordhöhe gekletterte Inflation in den Griff zu bekommen. Zehnmal in Folge schraubte die Notenbank die Zinsen nach oben. Dass Kredite damit mehr kosten, kann die Nachfrage bremsen und hohen Inflationsraten entgegenwirken. Teurere Finanzierungen sind aber zugleich eine Last für Unternehmen und private Investoren.
Nach knapp neun Monaten auf Rekordhoch leiten die Euro-Währungshüter nun also die Zinswende ein. Ob eine weitere Zinssenkung folgen wird, ist derzeit schwer abzusehen. Vertreter der EZB hatten sich zuletzt zurückhaltend gezeigt. Die Entscheidungen hingen stark von der Entwicklung der wirtschaftlichen Daten ab.