Für die Schweizer Haushalte sind die Mieten der grösste Kostenblock im Budget. Gerade für Neumieter hat die Belastung in den letzten Jahren massiv zugenommen, sind doch die Angebotsmieten allein 2023 in vielen Kantonen im hohen einstelligen oder gar zweistelligen Prozentbereich gestiegen. Und auch die Bestandsmieten legten nach den zwei Erhöhungen des Referenzzinssatzes im letzten Jahr vielerorts zu. Für einen Teil der Haushalte sind die Mieten kaum stemmbar.
Die Schweiz setzt zur Unterstützung der Haushalte auf vergünstigten Wohnraum, aber auch auf Direktzahlungen an betroffene Personen. Eine Studie im Auftrag des Verbands Immobilien Schweiz VIS hat die beiden Unterstützungsinstrumente verglichen. Das Ergebnis überrascht kaum: Die Immobilienwirtschaft sieht klare Vorteile bei der direkten Unterstützung von Haushalten, die auf finanzielle Hilfe angewiesen sind. Denn so können die Wohnungen zu marktüblichen Preisen vermietet werden – und der Steuerzahler finanziert die Miete über die Sozialhilfe oder Ergänzungsleistungen mit.
Förderung von bezahlbaren Wohnungen streichen?
Der Steuerzahler zahlt auch bei der Förderung von vergünstigten Wohnungen mit. Beispielsweise, indem die Behörden selbst preisgünstigen Wohnraum erstellen oder zinsgünstige Darlehen oder günstig Bauland im Baurecht vergeben. Die Studienautoren schätzen die Gesamtkosten dieser Massnahmen auf 648 bis 918 Millionen Franken. Ein häufiger Kritikpunkt: Es profitieren auch Haushalte, die nicht auf vergünstigte Mietwohnungen angewiesen wären – und das auf Kosten der Allgemeinheit. Zudem entgehen der Immobilienwirtschaft potenzielle Einnahmen.
Vorgeschlagen wird deshalb ein schweizweites Modell, bei dem betroffene Haushalte direkt unterstützt werden. Je nach Variante würden dabei Kosten von 700 Millionen bis 1450 Millionen Franken entstehen. Bei der teureren Variante wären 12,6 Prozent der Haushalte anspruchsberechtigt. Dafür sollen die Ausgaben zur Förderung von bezahlbaren Wohnungen gestrichen werden. Die Studienautoren mahnen jedoch: Vermieter könnten die Unterstützung einberechnen und entsprechend höhere Mieten verlangen.
Jeder fünfte Haushalt zahlt die Hälfte des Einkommens
Die Mieten und die sich seit längerem verschärfende Wohnungsnot beschäftigen die Politik und urbane sowie touristische Gemeinden. Vielen Stadtbewohnern bereitet es Sorgen, dass sie sich im Fall einer Kündigung durch den Vermieter keine Wohnung im Umfeld leisten könnten.
Ein Blick auf die Mietzinsbelastung zeigt: Die einkommensschwächsten 20 Prozent der Haushalte geben im Schnitt die Hälfte ihres verfügbaren Einkommens allein für Miete inklusive Nebenkosten aus, wie eine Auswertung der Hochschule Luzern zeigt. Das einkommensstärkste Fünftel gibt 17,2 Prozent für die Bruttomiete aus. Bei den Haushalten dazwischen sind es zwischen 21,7 und 34 Prozent des verfügbaren Einkommens. Die Zahlen stammen aus dem Jahr 2021.
Im Schnitt ist die durchschnittliche Belastung der Haushalte mit knapp 28 Prozent des verfügbaren Einkommens innerhalb von 14 Jahren nur leicht angestiegen, so die VIS-Studie. Das liegt in erster Linie an den Bestandsmieten, die schweizweit langsamer gewachsen sind als die Medianeinkommen. Die Angebotsmieten hingegen legten um 40 Prozent mehr zu als die Gehälter.
Eine Faustregel besagt, dass für die Miete nicht mehr als 40 Prozent des verfügbaren Einkommens oder nicht mehr als 30 Prozent des Bruttoverdienstes ausgegeben werden sollen. Gerade für Geringverdiener, auf die das oft zutrifft, ist ein solcher Einkommensanteil allein für die Miete eine enorme Belastung.
Haushalte mit der stärksten Belastung
Die VIS-Studie zeigt, dass davon in mehr als 60 Prozent der Fälle Einpersonenhaushalte betroffen sind und Rentner nicht die Mehrheit bilden. In mehr als 50 Prozent der Fälle zählt die Wohnung zudem drei Zimmer und mehr. Über die Gründe der hohen Zimmerzahl kann nur spekuliert werden. Ein Erklärungsansatz: Die Mieten in grösseren Städten stiegen so rasch an, dass sich ein Umzug in eine kleinere Wohnung bereits nach wenigen Jahren nicht mehr lohnt. Damit der verfügbare Wohnraum effizienter genutzt wird, passt beispielsweise die Stadt Zürich für ihre rund 10'000 Wohnungen die Mietverträge einseitig an. Künftig gelten Mindestbelegungen.
Mit einer zusätzlichen und breiteren Förderung von bezahlbarem Wohnraum würde für die Immobilienfirmen weitere Konkurrenz erwachsen. Im Kanton Zürich kommt beispielsweise eine Initiative für ein Vorkaufsrecht an Grundstücken für Gemeinden zur Abstimmung. Gemäss VIS-Studie geht bei dieser Fördervariante für private Bauherren der Anreiz verloren, Mietwohnungen im tiefpreisigen Segment zu erstellen. Die hohe Mietzinsbelastung vieler Haushalte zeigt jedoch, dass mit mehr bezahlbarem Wohnraum gerade auch die Mittelschicht deutlich an Kaufkraft gewinnen würde. Genossenschaftswohnungen sind oft rund 25 Prozent günstiger als Mietwohnungen von Immobilienfirmen.