Berufungsprozess gegen Rekordbusse
Für die UBS steht in Paris ab heute viel auf dem Spiel

Heute Montag beginnt in Paris der Berufungsprozess der UBS im Steuerstreit mit Frankreich. Das Ziel der UBS: Die Rekordbusse abwenden, zu der die Grossbank 2019 verurteilt worden war.
Publiziert: 08.03.2021 um 07:48 Uhr
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Aktualisiert: 30.04.2021 um 14:04 Uhr
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Die UBS sitzt ab heute Montag in Paris wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung und Geldwäsche auf der Anklagebank eines Berufungsgerichts.
Foto: AFP

Für die UBS steht ab heute Montag viel auf dem Spiel: Vor allem die Frage, ob ihre Strategie der wehrhaften Bank aufgeht. Der Bank, die sich nicht auf Deals mit den Behörden einlässt, sondern für Gerechtigkeit kämpft, sich zumindest nicht ohne Beweise aburteilen lässt.

Auf einen Vergleich ohne Schuldeingeständnis verzichtete die Bank deshalb. Ein solcher Vergleich wäre «sehr teuer geworden», sagte der damalige UBS-Konzernchef Sergio Ermotti (60) damals in einem Zeitungsinterview.

«Es wäre ein katastrophales Signal gewesen, Milliarden zu zahlen, wenn es keinen Beweis für Fehler gibt», erklärte Ermotti nach dem ersten Prozess im Gespräch mit Schweizer Medien. Er fühle sich von der Schweiz im Stich gelassen, erklärte der Tessiner im Frühsommer 2019 in einem Interview mit BLICK.

UBS will Rekordbusse abwenden

Deshalb steht die unbeugsame Schweizer Bank nun also wieder vor Gericht. In Paris beginnt der Berufungsprozess im Steuerstreit zwischen Frankreich und der UBS. Die Grossbank war vor zwei Jahren in erster Instanz zu einer Zahlung von 4,5 Milliarden Euro verurteilt worden.

Die Summe setzt sich zusammen aus einer Rekordbusse von 3,7 Milliarden Euro sowie Schadenersatz von 800 Millionen. Die Begründung: «Illegale Bankwerbung» und «durch Steuerbetrug verschlimmerte Geldwäsche», so das Verdikt des Pariser Strafgerichts im Februar 2019.

Das ist auch ohne Vergleich sehr viel Geld: Die 4,5 Milliarden Euro stehen zu aktuellen Wechselkursen für rund 80 Prozent des letztjährigen Jahresgewinns von knapp 6,6 Milliarden US-Dollar.

Deshalb geht es auch um die Frage, ob die UBS ihre Rückstellungen deutlich erhöhen muss: Im Glauben an ihre Unschuld hat die Bank lediglich 450 Millionen Euro zurückgestellt.

Neues Urteil hilft UBS

Die UBS wehrt sich nicht nur gegen eine Verurteilung «ohne konkrete Beweise». Widersprüchlich fiel laut der UBS vor allem die Berechnung der Busse aus. Aus dem Urteil werde nicht klar, ob sie auf den Kundenvermögen beruhe oder den nicht bezahlten Steuern.

So kam es zum UBS-Prozess in Frankreich

2019 war die UBS in Frankreich in einem Steuerhinterziehungsfall zu einer Geldstrafe von 3,7 Milliarden Euro und 800 Millionen Schadenersatz verurteilt worden. Nachfolgend die wichtigsten Daten zu diesem Fall, der vor einem Jahrzehnt seinen Anfang nahm und wo nun das zweitinstanzliche Urteil aussteht.

2011: Voruntersuchung
Die Pariser Staatsanwaltschaft leitet im März eine Voruntersuchung ein, nachdem die Bankenaufsicht, die Autorité de contrôle prudentiel (ACP), ihr einen Hinweis auf die Geschäftspraktiken der UBS in Frankreich geschickt hat. Ursprung der Vorwürfe war ein anonymer Brief, der sich auf die Methoden der Schweizer Bank bezog. Darin wurde ihr vorgeworfen, Kunden beim Steuerbetrug zu helfen oder sogar Gelder zu waschen.

2012: Rechtsauskunft
Die Pariser Staatsanwaltschaft eröffnet im April ein gerichtliches Ermittlungsverfahren, insbesondere wegen Steuerbetrug. Sie verdächtigt die UBS, eine doppelte Buchführung gemacht zu haben, um Geldflüsse zwischen Frankreich und der Schweiz zu verschleiern.

2013: Geldstrafe
Die französische Niederlassung der UBS wird am 31. Mai wegen Mittäterschaft bei der illegalen Anwerbung von Kunden angeklagt. Sie wird verdächtigt, reiche Franzosen davon überzeugt zu haben, nicht deklarierte Konten in der Schweiz zu eröffnen. Am 7. Juni wird dann auch die Schweizer Muttergesellschaft in Paris wegen «unerlaubter Kundenwerbung» angeklagt. Die Aufsichtsbehörde ACP verhängt ihrerseits eine Geldstrafe in der Höhe von 10 Millionen Euro gegen die Bank. Sie spricht einen Verweis gegen die französische UBS-Tochter wegen «Laxheit» bei der Kontrolle von Geschäftstätigkeiten aus, die anfällig für Steuerbetrug und Geldwäsche sind.

2014: Schwerer Fall von Geldwäscherei
Am 23. Juni wird die UBS wegen schweren Steuerbetrugs und Geldwäsche angeklagt. Von der Bank wird eine Kaution von 1,1 Milliarden Euro verlangt. Das Rekursverfahren der Bank gegen diese Summe wird Anfang 2017 vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte abgewiesen.

2015: Haftbefehle
Am 17. Februar erlässt die französische Justiz einen Haftbefehl gegen drei ehemalige UBS-Führungskräfte, die bis Ende der 2000er Jahre für die Vermögensverwaltung in Westeuropa und Frankreich verantwortlich waren. Gegen den ehemaligen UBS-Manager Raoul Weil, den Ex-Leiter der Offshore Wealth Division, wird im September Anklage erhoben.

2016: Ende der Untersuchung
Am 22. Februar schliessen die Untersuchungsrichter ihre Untersuchung ab. Eine Woche später wird die UBS France wegen Zeugenbeeinflussung angeklagt. Der Vorwurf: Die Bank soll versucht haben, ihren ehemaligen Mitarbeiter Nicolas Forissier, den ehemaligen Leiter der internen Revision, der hinter den Enthüllungen stand, zum Schweigen zu bringen. Forissier wurde im November 2009 von der Bank wegen «schweren Fehlverhaltens» entlassen.

2017: Gerichtsprozess in Sicht
Am 20. März wird der Schweizer Finanzkonzern wegen illegaler Anwerbung von Bankkunden und schwerer Geldwäsche in Tateinheit mit Steuerbetrug vor das Pariser Strafgericht gestellt. Die französische Tochtergesellschaft muss sich wegen Mittäterschaft verantworten. Am 13. September muss die Bank erneut vor Gericht. Der Vorwurf lautete auf Mobbing gegen die beiden ehemaligen UBS-Angestellten Nicolas Forissier und Stéphanie Gibaud. Sie gelten als Whistleblower in diesem Fall.

2019: Rekordstrafe
Am 20. Februar verurteilt die französische Justiz die UBS zu einer Rekordstrafe von 3,7 Milliarden Euro. Die Richter folgen der Anklageschrift der nationalen Finanzstaatsanwaltschaft und verurteilen die UBS wegen illegaler Anwerbung von Bankkunden und schwerer Geldwäsche sowie Steuerbetrug. Die Grossbank, ihre französische Tochtergesellschaft und drei ihrer ehemaligen Führungskräfte werden ausserdem zu 800 Millionen Euro Schadenersatz an den französischen Staat verurteilt, der als Zivilkläger in dem Prozess auftritt. Die UBS bezeichnet das Pariser Urteil als «extrem oberflächlich, inkonsistent und widersprüchlich». Sie kündigt an, in Berufung zu gehen.

2020: Vertagung der Berufungsverhandlung
Die Verhandlung vor dem Pariser Berufungsgericht, die vom 2. bis 29. Juni 2020 geplant war, wird wegen der Reisebeschränkungen als Folge der Coronapandemie verschoben. Der neue Termin: 8. bis 24. März 2021.

2021: Der Berufungsprozess startet
Am 8. März geht es planmässig los. Die Staatsanwälte verlangen eine Busse von mindestens zwei Milliarden Euro. Zudem fordert der französische Staat Schadenersatz von einer Milliarde Euro. Zum Abschluss erklären die Richter, dass sie am 28. Juni über verfassungsrechtliche Fragen im Zusammenhang mit dem Fall entscheiden werden. Dies könnte zu einer Verschiebung anderer Beschlüsse führen. Das Urteil zur Berufung der UBS ist auf den 27. September angesetzt.

2019 war die UBS in Frankreich in einem Steuerhinterziehungsfall zu einer Geldstrafe von 3,7 Milliarden Euro und 800 Millionen Schadenersatz verurteilt worden. Nachfolgend die wichtigsten Daten zu diesem Fall, der vor einem Jahrzehnt seinen Anfang nahm und wo nun das zweitinstanzliche Urteil aussteht.

2011: Voruntersuchung
Die Pariser Staatsanwaltschaft leitet im März eine Voruntersuchung ein, nachdem die Bankenaufsicht, die Autorité de contrôle prudentiel (ACP), ihr einen Hinweis auf die Geschäftspraktiken der UBS in Frankreich geschickt hat. Ursprung der Vorwürfe war ein anonymer Brief, der sich auf die Methoden der Schweizer Bank bezog. Darin wurde ihr vorgeworfen, Kunden beim Steuerbetrug zu helfen oder sogar Gelder zu waschen.

2012: Rechtsauskunft
Die Pariser Staatsanwaltschaft eröffnet im April ein gerichtliches Ermittlungsverfahren, insbesondere wegen Steuerbetrug. Sie verdächtigt die UBS, eine doppelte Buchführung gemacht zu haben, um Geldflüsse zwischen Frankreich und der Schweiz zu verschleiern.

2013: Geldstrafe
Die französische Niederlassung der UBS wird am 31. Mai wegen Mittäterschaft bei der illegalen Anwerbung von Kunden angeklagt. Sie wird verdächtigt, reiche Franzosen davon überzeugt zu haben, nicht deklarierte Konten in der Schweiz zu eröffnen. Am 7. Juni wird dann auch die Schweizer Muttergesellschaft in Paris wegen «unerlaubter Kundenwerbung» angeklagt. Die Aufsichtsbehörde ACP verhängt ihrerseits eine Geldstrafe in der Höhe von 10 Millionen Euro gegen die Bank. Sie spricht einen Verweis gegen die französische UBS-Tochter wegen «Laxheit» bei der Kontrolle von Geschäftstätigkeiten aus, die anfällig für Steuerbetrug und Geldwäsche sind.

2014: Schwerer Fall von Geldwäscherei
Am 23. Juni wird die UBS wegen schweren Steuerbetrugs und Geldwäsche angeklagt. Von der Bank wird eine Kaution von 1,1 Milliarden Euro verlangt. Das Rekursverfahren der Bank gegen diese Summe wird Anfang 2017 vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte abgewiesen.

2015: Haftbefehle
Am 17. Februar erlässt die französische Justiz einen Haftbefehl gegen drei ehemalige UBS-Führungskräfte, die bis Ende der 2000er Jahre für die Vermögensverwaltung in Westeuropa und Frankreich verantwortlich waren. Gegen den ehemaligen UBS-Manager Raoul Weil, den Ex-Leiter der Offshore Wealth Division, wird im September Anklage erhoben.

2016: Ende der Untersuchung
Am 22. Februar schliessen die Untersuchungsrichter ihre Untersuchung ab. Eine Woche später wird die UBS France wegen Zeugenbeeinflussung angeklagt. Der Vorwurf: Die Bank soll versucht haben, ihren ehemaligen Mitarbeiter Nicolas Forissier, den ehemaligen Leiter der internen Revision, der hinter den Enthüllungen stand, zum Schweigen zu bringen. Forissier wurde im November 2009 von der Bank wegen «schweren Fehlverhaltens» entlassen.

2017: Gerichtsprozess in Sicht
Am 20. März wird der Schweizer Finanzkonzern wegen illegaler Anwerbung von Bankkunden und schwerer Geldwäsche in Tateinheit mit Steuerbetrug vor das Pariser Strafgericht gestellt. Die französische Tochtergesellschaft muss sich wegen Mittäterschaft verantworten. Am 13. September muss die Bank erneut vor Gericht. Der Vorwurf lautete auf Mobbing gegen die beiden ehemaligen UBS-Angestellten Nicolas Forissier und Stéphanie Gibaud. Sie gelten als Whistleblower in diesem Fall.

2019: Rekordstrafe
Am 20. Februar verurteilt die französische Justiz die UBS zu einer Rekordstrafe von 3,7 Milliarden Euro. Die Richter folgen der Anklageschrift der nationalen Finanzstaatsanwaltschaft und verurteilen die UBS wegen illegaler Anwerbung von Bankkunden und schwerer Geldwäsche sowie Steuerbetrug. Die Grossbank, ihre französische Tochtergesellschaft und drei ihrer ehemaligen Führungskräfte werden ausserdem zu 800 Millionen Euro Schadenersatz an den französischen Staat verurteilt, der als Zivilkläger in dem Prozess auftritt. Die UBS bezeichnet das Pariser Urteil als «extrem oberflächlich, inkonsistent und widersprüchlich». Sie kündigt an, in Berufung zu gehen.

2020: Vertagung der Berufungsverhandlung
Die Verhandlung vor dem Pariser Berufungsgericht, die vom 2. bis 29. Juni 2020 geplant war, wird wegen der Reisebeschränkungen als Folge der Coronapandemie verschoben. Der neue Termin: 8. bis 24. März 2021.

2021: Der Berufungsprozess startet
Am 8. März geht es planmässig los. Die Staatsanwälte verlangen eine Busse von mindestens zwei Milliarden Euro. Zudem fordert der französische Staat Schadenersatz von einer Milliarde Euro. Zum Abschluss erklären die Richter, dass sie am 28. Juni über verfassungsrechtliche Fragen im Zusammenhang mit dem Fall entscheiden werden. Dies könnte zu einer Verschiebung anderer Beschlüsse führen. Das Urteil zur Berufung der UBS ist auf den 27. September angesetzt.

Seither hat sich insofern Wichtiges getan, als der Kassationshof in Paris im September 2019 ein Leiturteil gefällt hat, wonach französische Gerichte Bussen wegen Steuerbetrug auf Basis der tatsächlich hinterzogenen Steuern berechnen sollen und nicht auf Basis der hinterzogenen Vermögen.

Dieses Urteil könnte also für die UBS von grosser Bedeutung sein und den Ausgang des Berufungsprozesses zu ihren Gunsten entscheidend beeinflussen, zumindest was die Höhe der Busse betrifft. Darauf setzt auch Markus Diethelm (63). Der kampferprobte Chefjurist der UBS geht mit neuem Team und einer neuen Strategie in diesen Prozess.

Wie auch immer die zweite Runde im Prozess UBS gegen Frankreich, der bis zum 24. März dauert, ausgeht – bis zu einem letztinstanzlichen Urteil dürfte der Fall die UBS noch mehrere Jahre beschäftigen. Ermotti wollte den Fall eigentlich noch in seiner Amtszeit abschliessen, nun hat er den Stab im letzten Herbst an seinen Nachfolger Ralph Hamers (54) übergeben. Dieser wird nun allerdings selbst von der Vergangenheit eingeholt, muss sich vielleicht in einem alten Geldwäschereifall, der neu aufgerollt werden soll, verantworten. (SDA/koh)

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