Paris, Strafgerichtshof: Rekordbusse im Monsterprozess gegen die UBS, ihre französische Tochter und sechs angeklagte frühere UBS-Banker! Die Richter gaben am frühen Mittwochnachmittag bekannt, dass die UBS wegen Beihilfe zu Steuerhinterziehung eine Busse von 3,7 Milliarden Euro bezahlen muss. Insgesamt müsste die UBS, wenn sie das Urteil nicht weiterzieht, somit 4,5 Milliarden Euro bezahlen.
Denn: Die UBS muss dem französischen Staat zudem 800 Millionen Euro Schadensersatz zahlen. Frankreich sollen Steuereinnahmen in der Höhe von rund 10 Milliarden Euro entgangen sein. Bereits vor dem Prozess, der sich über Wochen hingezogen hatte, musste die Grossbank eine Kaution von 1,1 Milliarden Euro deponieren.
Damit nicht genug: Fünf gegenwärtige und ehemalige UBS-Manager kassierten empfindliche Bussen zwischen 50'000 und 300'000 Euro und bedingte Gefängnisstrafen. Einer kam davon: Raoul Weil (59). Der ebenfalls angeklagte frühere oberste Chef der UBS-Vermögensverwaltung wurde in Paris entlastet.
Die französische UBS-Tochter wurde ebenfalls schuldig gesprochen und zu einer Busse von 15 Millionen Euro verurteilt. Die zuständige Richterin Christine Mée sprach von einem «aussergewöhnlich schweren» Vergehen der Grossbank. Möglich gewesen wäre eine Busse von 9,3 Milliarden Euro.
Frankreich sollen 10 Milliarden entgangen sein
Der UBS wird vorgeworfen, dass Schweizer Banker verbotenerweise französischen Kunden in Frankreich schmackhaft gemacht hätten, ihr Geld doch in die Schweiz zu bringen – am französischen Fiskus vorbei.
Die Tochter UBS France soll für die Anwerbung vermögender Kunden exklusive Anlässe organisiert haben. So wurden die Kunden etwa ans Tennisturnier Roland Garros, an Golfturniere oder Konzertabende eingeladen. Laut der Staatsanwalt soll die Bank diese Praxis von 2004 bis 2011 ausgeübt haben.
UBS zieht das Urteil weiter
Die UBS hatte die Anschuldigungen der Franzosen – illegale Bankgeschäftstätigkeit und schwere Geldwäsche bei Steuerbetrug – stets zurückgewiesen und einen vollumfänglichen Freispruch gefordert. Nur zwei Stunden nach der Urteilseröffnung meldete die Grossbank, dass sie in Berufung geht – und den Entscheid des Pariser Strafgerichts vor dem Kassationshof anfechten werde.
«Die Verurteilung wird durch keine konkreten Beweise gestützt, sondern beruht auf den unbegründeten Vorwürfen ehemaliger Angestellter, die während des Prozesses nicht einmal angehört wurden», verteidigt sich die UBS in einer Mitteilung. Und weiter: «Es wurde nicht nachgewiesen, dass ein französischer Kunde in Frankreich von einem Kundenberater der UBS zur Eröffnung eines Kontos in der Schweiz angefragt wurde.»
Dem Urteil fehle es zudem an Beweisen und einer glaubwürdigen Methode für die Berechnung der Geldbusse und des Schadens. «Die UBS ist ihren Verpflichtungen gemäss schweizerischem und französischem Recht nachgekommen», hält die Bank fest.
Aktienkurs fällt – Experte lobt UBS-Haltung
Zwar hat die Grossbank Rückstellungen, wie in solchen Fällen üblich, vorgenommen. Dennoch reagierte die Aktie der UBS heftig auf das Verdikt der französischen Richter: Das Papier büsste zwischenzeitlich mehr als 4 Prozent ein während alle anderen Aktien des Leitindex SMI im grünen Bereich notierten.
Wenig beruhigte die Investoren, dass die UBS in Berufung gehen will. Geht das Verfahren in Frankreich über alle drei Instanzen, dürfte der Rechtsstreit noch Jahre dauern.
Experte Peter V. Kunz sagte auf dem Portal der «Handelszeitung» gestern: «Wenn die UBS verurteilt würde, wäre das ganz schlecht. Das wäre ein Problem für ihr Image, aber auch aus finanzieller Sicht. Sogar wenn die Bank dafür Rückstellungen gemacht hat.»
Aber es gibt auch Lob von ihm: Wenn die UBS überzeugt sei, nichts falsch gemacht zu haben, sei es in Ordnung, sich aggressiv zu verteidigen. «Schweizer Banken vergleichen sich zu schnell und machen sich damit erpressbar. Ich bin froh, hat nun einmal eine Bank gesagt: Nein, wir zahlen jetzt nicht ein paar hundert Millionen Euro, sondern prozessieren. Das hat die Grossbank professionell gemacht.»
Noch nie wurde die UBS zu so einer hohen Busse verdonnert wie am heutigen Mittwoch im Frankreich-Prozess. Sie ist auch die höchste, die je im Nachbarland gesprochen wurde. Laut dem Portal «Finews» ist die grösste Schweizer Bank «nicht arm an Skandalen». Seit der Finanzkrise habe sie über 12 Milliarden Franken an Bussgeldern bezahlen müssen.