Beizer fürchten erneuten Lockdown
«Immer sind wir die Zielscheibe»

Das hochansteckende Omikron breitet sich in der Schweiz aus. Alles deutet darauf hin, dass bald noch strengere Massnahmen ergriffen werden. Wirte und Barbetreiber rechnen mit Schliessungen. Und wehren sich.
Publiziert: 30.12.2021 um 00:28 Uhr
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Aktualisiert: 30.12.2021 um 10:05 Uhr
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Gastronomen fürchten sich vor einem weiteren Lockdown.
Foto: Keystone
Patrik Berger und Nicola Imfeld

Sie schiessen durch die Decke, die Infektionszahlen der neuen Omikron-Variante. Gestern waren es rekordhohe 17'634 Neuinfektionen. Das Schlimmste steht uns wohl erst noch bevor. «Verhindern Sie Kontakte», warnt deshalb die Corona-Taskforce eindringlich. Da liegt es nah: Das Feierabendbier mit den Arbeitskollegen oder der nachmittägliche Kaffee mit Freundinnen ist schnell gestrichen, ebenso das Nachtessen auswärts mit der Familie. Und es läuft wohl auf eines hinaus: einen erneuten Beizen-Lockdown.

Was sagen die Beizer zur Empfehlung der Taskforce? Gastro-Aargau-Präsident Bruno Lustenberger (57) kocht: «Wir haben echt Mühe damit. Einmal mehr soll die Gastrobranche den Kopf hinhalten. Was soll das!», ruft der Wirt des Restaurants Krone in Aarburg AG aus. «Einmal mehr sind wir wieder die Bösen.»

Beizen-Lockdown Anfang Jahr

Lustenberger versteht nicht, weshalb ausgerechnet die Restaurants wieder schliessen sollen. «Es gibt andere Bereiche, etwa den öffentlichen Verkehr oder Sportveranstaltungen, wo rein gar nichts gemacht wird. Dabei kommt es da erwiesenermassen zu mehr Ansteckungen als in den Restaurants.» Der Wirt würde dort zuerst die Schraube anziehen. «Oder bei privaten Treffen und in den Schulen.»

Lustenberger rechnet mit einem Beizen-Lockdown Anfang Jahr. «Dann brauchen wir Geld. Wir können nicht nur von der Liebe leben», sagt er. Konkret schweben dem Aargauer zwei Dinge vor: «Einerseits muss es Fixzahlungen für betroffene Betriebe geben, andererseits muss das Kurzarbeits-Regime wieder einfacher gestaltet werden.»

«Ein Horrorszenario»

Auch Urs Pfäffli (59), Präsident von Gastro Zürich, hält nichts von einem erneuten Beizen-Lockdown. «Damit würde man eine ganze Branche kaputtmachen, es wäre ein Horrorszenario», sagt er zu Blick. «Immer sind wir die Zielscheibe. Wenn schon, müsste man ab Neujahr alles runterfahren, nicht nur die Gastronomie.»

Er fordert einen runden Tisch mit allen Beteiligten, um weitere Massnahmen zu diskutieren. «Weitreichende Folgen müssen verhindert werden. Es kann unseren Mitarbeitenden nicht mehr zugemutet werden, nur 80% des Salärs zu erhalten.» Pfäffli ist aber froh, dass die Restaurants wenigstens bis Weihnachten geöffnet waren. «Das sind für uns eminent wichtige Tage.» Silvester sei noch einmal ein solcher Tag. «Danach wird es ruhiger», weiss der Gastronom.

«Viele Kollegen sind müde»

Die Stimmung in der Branche sei schlecht, sagt er. «Viele Kolleginnen und Kollegen sind müde. Immer wieder bekommen wir einen Schlag versetzt. Dabei haben wir mit all den Schutzkonzepten unsere Hausaufgaben gemacht und uns an die Regeln gehalten», sagt Pfäffli.

Nun gehe es darum, die Betriebe nachhaltig zu retten. Die fehlende Planungssicherheit wiege schwer. «Viele Beizer kämpfen ums Überleben. Ein Betrieb nach dem anderen wird verschwinden. Die Wirte hängen das aber aus Scham nicht an die grosse Glocke», weiss der Gastroprofi.

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«Junge nicht einsperren»

«Klar kann man jetzt Beizen, Bars und Clubs wieder schliessen», sagt Alexander Bücheli von der Bar & Club Kommission Zürich. Aber der Mensch sei ein soziales Wesen. «Gerade junge Menschen können wir nicht einfach einsperren. Da ist es doch besser, wenn sie sich im kontrollierten Rahmen, wo eine Zertifikat- und Testpflicht gilt, bewegen, als zum Beispiel Silvester im Privaten zu feiern», so Bücheli.

Er ist frustriert. «Bei uns ergreift man immer als Erstes Massnahmen und verschärft sie», sagt er. Bei Schliessungen von Restaurants und Bars gebe es einfach den geringsten politischen Widerstand. Dabei gehe es um Existenzen, um Tausende Arbeitsplätze. «Da braucht es doch eine klare und vor allem verlässliche Strategie. Die sehen wir aktuell nicht, was uns sehr frustriert.»

Der Verband Gastrosuisse wollte sich nicht konkret zu erneut drohenden Beizenschliessungen äussern. Direktor Daniel Borner sagt: «Wir beobachten die Lage.»

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