Der zweite Shutdown hat viele Wirte ins Elend gestürzt. Auch Gastronomin Gilmara Rüedi (39), welche die Basler Restaurants Klybeck Casino und die Walliserstube betreibt, hatte letzten Monat keine Reserven mehr. In die Bredouille gebracht haben sie nicht nur ausbleibende Umsätze, sondern auch ihre Sozialversicherung. BLICK berichtete letzten Monat darüber, dass ihr Gastrosozial seit September Erwerbsersatzgelder von über 15'000 Franken schuldet, sie aber wegen 5000 Franken an unbezahlten AHV- und Pensionskassenbeiträgen betrieben hat.
Jetzt hat sich das Blatt zum Besseren gewendet. «Auf den Artikel haben unsere Gäste spontan gefragt, ob sie uns mit Spenden unterstützen können», erzählt Rüedi. «Eine Frau hat sogar die Betreibung von Gastrosozial übernommen und eine halbe Restaurant-Miete bezahlt – zusammen 8000 Franken.» Insgesamt hätten die Gäste, darunter zwei Fasnachtscliquen, 3000 Franken zusammengelegt, damit sie weitere Rechnungen bezahlen könne. «Das habe ich nicht erwartet – das ist schön und macht Mut», freut sie sich.
«Wir müssen Gilmara unterstützen»
Für Stammgast und Spenderin Renée Pabstmann (52) war klar: «Wir müssen Gilmara unterstützen, sonst ist fertig, und das wollen wir nicht.» Stammgast Daniel Boenzli (61) erklärt: «Ich wollte mit meiner Spende in dieser schwierigen Zeit, besonders für das Gastgewerbe, ein Zeichen setzen.» Und natürlich möchten er und seine Band weiter in der Beiz proben.
Ein Dutzend der Spender ist für den Fototermin mit Maske vor das Restaurant gekommen, um ihre Verbundenheit zu zeigen. Die Wirtin ist erleichtert: «Mit der solidarischen Unterstützung der Gäste kann ich mich nun ein bis zwei Monate über Wasser halten.» Dann müsse sie wieder weiterschauen.
Doch die positive Wende hat einen Wermutstropfen: Die Ausgleichs- und Pensionskasse Gastrosozial ist ihr kaum entgegengekommen. «Zwar hat Gastrosozial die Rechnungen gestundet und in Raten aufgeteilt, aber die Betreibung wollte sie nicht zurückziehen», bedauert sie. Am meisten belastet Rüedi, dass die Kasse die ihr zustehenden Erwerbsersatzgelder seit Mitte September immer noch nicht überwiesen hat.
30 Angestellte für 12'000 Anträge
Die als «Ausgleichskasse der Wirte» gegründete Gastrosozial begründet die frappante Verspätung damit, dass 30 Angestellte 12'000 Anträge bearbeiten müssten und monatlich 6000 neue dazukämen. «Die Corona-Erwerbsersatzentschädigung ist je nach Fall sehr komplex», sagt eine Gastrosozial-Sprecherin.
Enttäuscht sind Gilmara Rüedi und ihr Mann Michael (59) auch vom Staat. Denn auch die Härtefallentschädigung stehe noch aus. Sowieso würde sie nur 800 Franken aus dem Programm erhalten. Eine Monatsmiete kostet ein Vielfaches davon.
Vor der Pandemie seien die Restaurants mit sechs Angestellten sehr gut gelaufen. Jetzt glaubt die Gastronomin wieder an ihre Zukunft.