Vergangene Weihnachten der Schock für ihn und seine Familie, dann im Januar für seine Mitarbeitenden: Krebs! Bei Bâloise-Chef Gert De Winter (56) wurde ein Tumor in der Speiseröhre entdeckt, informierte im Januar die Versicherungsgruppe. Seine Chancen standen bei 50 Prozent.
Nun, seit zwei Wochen wieder Vollzeit zurück, spricht De Winter erstmals über seine Erkrankung, Behandlung und Genesung. Ihm geht es «ziemlich gut», obwohl die letzten sieben Monate nicht einfach gewesen seien, sagt er im Interview mit der «NZZ». De Winter: «Ich musste mich sechs Chemotherapiezyklen und einer grossen Operation unterziehen. Mithilfe der Familie, der Ärzte, des Pflegepersonals, von Freunden sowie Kolleginnen und Kollegen habe ich das gut überstanden. Ich bin tumorfrei, mir fehlen manchmal aber noch Kraft und Energie.
Der Bâloise-Spitenmanager hat 20 Kilo verloren. Das aufzuholen, brauche etwas Zeit, «essen ist nicht ganz einfach». Wie der Belgier berichtet, hatte er das Gefühl, etwas stimme nicht. Die Diagnose hat sein Leben zunächst auf den Kopf gestellt. «In den ersten drei Wochen fühlte ich Unsicherheit, Angst, aber auch Hoffnung. Als später die Behandlung startete, bin ich die Sache sehr analytisch angegangen: Was man nicht ändern kann, kann man nicht ändern. Ich kann nur kämpfen und durchhalten.»
Auch Swiss-Life-CEO Frost kam wieder zurück
Mit dem Plan der Behandlung kam seine Sicherheit zurück, sagt er im «NZZ»-Interview weiter. «Und auch eine gewisse Neugier: Was macht die Behandlung mit einem Menschen? Etwas Angst, dass vielleicht alles vorbei sein könnte, bleibt.»
Swiss Life musste vor ein paar Jahren ebenfalls eine Zeit lang krankheitsbedingt auf ihren CEO verzichten. Patrick Frost war Anfang 2017 an Krebs erkrankt und musste ganz aussetzen – für ihn leitete damals Finanzchef Thomas Buess das operative Tagesgeschäft.
Bereits im Sommer 2017 kam Frost zurück an der Spitze von Swiss Life.
De Winter: «Ich hatte Glück im Unglück»
Wie bei Frost hat auch bei De Winter der Rückhalt und Trost von Familie, aber auch der Kolleginnen und Kollegen im Unternehmen bekommen. «Unsere Familie hat 55 Jahre Glück gehabt – dann dreht das Rad einmal. Die Schwere meiner Krankheit ist jedoch relativ, denn ich habe eine positive Prognose. Ich hielt mich über sieben Monate regelmässig in der Onkologie des Spitals auf und habe viele Menschen kennengelernt, deren Situation viel schwieriger ist als meine. Ich hatte Glück im Unglück.»
Im Nachhinein ist der Spitzenmanager froh darüber, intern und extern über seine Krankheit gesprochen zu haben. Frost von Swiss Life sei ein Vorbild gewesen. Ob es für ihn als Chef nicht schwierig gewesen sei, zu akzeptieren, dass es auch ohne ihn gehe, will die Zeitung wissen.
Darauf De Winter: «Der Friedhof ist voller Leute, die sich für wichtig und unersetzlich hielten. Für mich war es erfreulich zu sehen, dass die Firma und das Führungsteam nicht abhängig sind von einer einzelnen Person.»
Am Schluss gibt er noch eine Empfehlung: «Wenn man etwas spürt, sollte man nicht warten. Das ist enorm wichtig.» (uro)