35 Autostunden von Bern entfernt liegt die umkämpfte Region Donbass. Der Russland-Angriff jedoch betrifft nicht «nur» die Ukraine. Er wird auch 3000 Kilometer im Westen für uns in der Schweiz teuer.
«Putin versetzt Märkte in Aufruhr», heisst es am Rohstoff-Desk der deutschen Commerzbank. Der Preis für Nordsee-Öl (Brent) sprang heute Donnerstag über 102 Dollar pro Fass, der europäische Erdgaspreis (TTF) explodierte um mehr als 30 Prozent. In den vergangenen drei Monaten verteuerte sich Rohöl um über 30 Dollar. Und die Gaspreise sind sowieso schon sehr hoch – Hausbesitzer können davon ein Lied singen.
Dabei ist beim Erdöl das Ende der Fahnenstange noch lange nicht erreicht. «Ein weiterer Anstieg des Rohölpreises bis auf 130 Dollar ist denkbar, wenn sich die Lage weiter verschärft», sagt Daniel Hofer (60). Der Präsident von Avenergy (früher Erdöl-Vereinigung) sagt zu Blick: «Es ist gut möglich, dass der Ukraine-Krieg uns noch teurer zu stehen kommt.»
Vor allem dann, wenn es schärfere Sanktionen gegen Russland gibt. «Besonders im Zahlungsverkehr. Wenn dieser unterbrochen wird, riskiert man, dass auch Gaslieferungen aus Russland unterbrochen werden», erklärt Hofer. «Damit werden automatisch andere Energieträger teurer. So kann eine kurzfristige, akute Mangellage entstehen.»
Ölnachfrage grösser als Angebot
Dabei steigen die Rohölpreise nicht erst seit gestern. Weil sich das Ende der Pandemie abzeichnet, ist die Nachfrage nach Rohöl massiv nach oben geschossen. Die Rohölproduktion weltweit und die zur Verfügung stehenden Kapazitäten konnten nicht Schritt halten. Höhere Preise sind die logische Folge. Hofer: «Den Preis für den Ukraine-Krieg zahlen wir darum auch an unseren Zapfsäulen.»
Bereits in den vergangenen Tagen schlug der Spritpreis auf – bei BP, Socar, Agrola und Co. beträgt der Aufschlag zwei bis drei Rappen pro Liter. Der Literpreis von Spezialtreibstoffen liegt bereits über zwei Franken.
Bleifrei 95 für zwei Franken bald normal
Doch auch bei Bleifrei 95 erwartet der ehemalige Migrol-Chef Hofer, dass Autofahrer stärker zur Kasse gebeten werden: «Wir werden Spritpreise von zwei Franken und mehr pro Liter Bleifrei sehen, und die werden wohl noch eine Weile auf diesem Niveau verharren.»
Erste Tankstellenbetreiber haben ihre Bleifrei-95-Preise bereits bei zwei Franken pro Liter angeschlagen. So ist es etwa aus dem Kanton Graubünden zu hören. Bleibt die Lage in der Ukraine über Wochen kritisch, dürften Tankstellen auch in anderen Kantonen der Schweiz einen Zweifränkler pro Liter Sprit verlangen.