Auf einen Blick
- Elon Musks DOGE spart in US-Verwaltung, Schweizer applaudieren für Bürokratieabbau
- Bürokratieabbau ist ein beliebtes politisches Thema
- Die Balance zwischen Regulierung und Freiheit ist wichtig
- Bundesverwaltung beschäftigt 39'000 Menschen, Personalkosten betragen 6000 Franken pro Einwohner
Elon Musk (53) wütet mit seinem «Department of Government Efficiency» (DOGE) seit einigen Wochen in den Tiefen des US-Verwaltungsapparates. Versprochen hat er Einsparungen in Milliardenhöhe – bis zum Ende der befristeten Verwaltungseinheit DOGE am 4. Juli 2026 sollen es sogar 2 Billionen Dollar sein. Bislang ist davon noch wenig zu sehen.
In der Schweiz applaudieren viele. Oft liest man in Kommentarspalten, dass man auch hierzulande «mit der Bürokratie aufräumen» sollte.
Ist unser Staatsapparat tatsächlich so aufgebläht? Fakt ist: Unsere Bürokratie wächst. In der Bundesverwaltung sind nach neusten Zahlen rund 39'000 Menschen angestellt. 2022 errechnete das Institut für Schweizer Wirtschaftspolitik (IWP) der Universität Luzern, dass Personalkosten für Staatsangestellte rund 6000 Franken pro Einwohner der Schweiz ausmachen.
«Die schweizerischen Verwaltungen sind nicht aufgebläht», konstatiert Adrian Ritz (55) vom Kompetenzzentrum für Public Management an der Universität Bern. Zwar sei das Personalwachstum in der Verwaltung prozentual höher als das Bevölkerungswachstum. Laut OECD-Zahlen bewege sich die Schweiz hinsichtlich der Verwaltungsgrösse im Mittelfeld. Ritz hält fest, dass die schweizerische Verwaltung vor allem in den Bereichen Gesundheit, Soziales und Bildung gewachsen sei: «Also genau dort, wo sich der demografische Wandel, die Bevölkerungszunahme oder Migration auswirken.»
Wie viel Bürokratie benötigen wir?
Bürokratieabbau ist ein beliebtes Thema, das sich politisch leicht instrumentalisieren lässt. «Bürokratie» ist ein nicht genau definierter Begriff, der meist negativ behaftet ist. Die Wirtschaft, selbst ernanntes Hauptopfer staatlicher Bürokratie, beklagt oft die angeblich steigende Last durch Gesetze und Regulierungen.
«Die Belastung ist für die Wirtschaft immer zu hoch, wenn Regulierung einem nicht dient», entgegnet Ritz. Regulierungen seien nicht nur zur Last der einen geschaffen worden, sondern auch zum Vorteil der anderen. «Spardruck muss es geben, doch zu viel ist schädlich», so Ritz. Leide in der Verwaltung die Qualität zu stark unter dem Spardruck, dann sei das zum Nachteil der Bevölkerung.
Letztlich geht es um Balance: Wollen wir eine von Regeln entfesselte Wirtschaft, die sich um Bestimmungen für Arbeitnehmende, Umwelt und mehr keine Sorgen machen muss? Oder einen Regierungsapparat, der die Wirtschaft reguliert, ein grundlegendes soziales Sicherheitsnetz bereitstellt, die Infrastruktur fördert und Bürger- sowie Arbeitnehmerrechte schützt?
DOGE spart entlang politischen Interessen
Hier lohnt sich der Blick auf die Aktivitäten von DOGE. Bislang zieht Musks Behörde vor allem eine Show ab, um Trump-Wähler zu befriedigen. Folgendes hat DOGE in der Anfangsphase umgesetzt:
- DEI-Programme gekürzt – also Programme, die Vielfalt in Unternehmen und Institutionen fördern sollen. Da geht es pauschal gegen «woke». Unter anderem im Bildungsministerium, wo 116 Millionen Dollar eingespart werden. Einsparung total: angeblich 1 Milliarde Dollar.
- Vorgehen gegen die US-Hilfsbehörde USAID: Rund 7000 Mitarbeitende wurden bislang gefeuert. Dazu wurden Hilfsgelder eingefroren. Einsparung: unklar.
- Büro für den Schutz der Konsumentenfinanzen: Das Büro musste 100 Mitarbeitende entlassen und soll ganz geschlossen werden. Einsparung: unklar.
- Mietverträge für 24 Verwaltungsgebäude in Washington D.C. sistiert. Einsparung: 44,6 Millionen Dollar.
- Naturschutz: Die Umweltschutzbehörde EPA musste 400 Stellen abbauen, die Waldschutzbehörde US Forest Service 3400 Stellen, der National Park Service 1000 Stellen sowie 5000 saisonale Angestellte nicht wieder anstellen. Einsparung: unklar.
- Gesundheit und Soziales: Das Department of Veterans Affairs muss 1000 Mitarbeitenden kündigen, das US-Landwirtschaftsministerium deren 2400, die KMU-Behörde Small Business Administration mehr als 100. Und das Gesundheitsministerium wird voraussichtlich fast alle seiner 5200 Mitarbeitenden in Probezeit verlieren –10% der Belegschaft. Einsparung: unklar.
- Grenzschutz, Sicherheit und Nothilfe: 405 Beamte des Department of Homeland Security (DHS) mussten gehen, ebenso 200 Beamte aus der Katastrophenschutzbehörde FEMA (Federal Emergency Management Agency) und 130 Beamte der Cybersecurity and Infrastructure Security Agency. Einsparung: Unklar.
Obwohl Musk Transparenz versprach, sind die Einsparungen kaum quantifizierbar: Nicht genau deklariert oder noch Gegenstand rechtlicher Auseinandersetzungen. Sie dürften sich auf weniger als 2 Milliarden Dollar belaufen. Angesichts des US-Haushaltsbudgets von 1,606 Billionen Dollar ein Klacks.
Wichtig in diesem Zusammenhang: Das Verteidigungsministerium macht mit 895 Milliarden Dollar den Löwenanteil des US-Budgets aus. Im Gegensatz zu den Abbauzielen von DOGE will Präsident Trump die Verteidigungsausgaben jedoch erhöhen. Musk und sein Team sollen zur Erhöhung der Verteidigungsausgaben beitragen, indem sie «Milliarden von Dollar an Ineffizienz» umleiten.
Eine Blaupause für die Ziele von DOGE hat die «Washington Post» publiziert. Daraus geht hervor, wie die Einsparungen primär auf DEI-Projekte abzielen. Diese sind «einsparungswürdig» – andere potenziell aufgeblähte Stellen nicht. Es geht weniger um Finanzen als um politische Botschaften.
Unklare Vorstellungen vom Staatshaushalt
Es nützt jedenfalls, wenn in der Bevölkerung verzerrte Vorstellungen zur Grösse der Bundesregierung vorhanden sind. Viele Amerikaner glauben, dass die USA zu viel für Auslandshilfe ausgeben. Auslandshilfe macht aber nur etwa 1 Prozent des Staatshaushaltes aus.
Was ist mit dem von Musk propagierten «aufgeblähten Staat»? Elaine Kamarck von der Brookings Institution hält fest: Die US-Bevölkerung ist in den letzten 50 Jahren um etwa 68 Prozent gewachsen, während die Zahl der Beschäftigten in der Bundesregierung sogar geschrumpft ist. Die Ausgaben des Bundes sind in derselben Zeit aber um das Fünffache gestiegen. Letzteres hat mit Auftragnehmern der Regierung zu tun, die massiv angewachsen sind – auch hier vor allem im Verteidigungsministerium. Parallel dazu wurden die Haushaltsdefizite durch Steuersenkungen und diverse Kriege verursacht.
Nicht zuletzt stellt sich die Frage, ob die Einsparungen gewünscht sind. Musk und Trump berufen sich gerne darauf, dass sie «vom Volk mandatiert» sind. Abgesehen davon, dass fast die Hälfte des Landes nicht für Trump stimmte: Eine Ende Januar durchgeführte Umfrage des Meinungsforschungsinstituts AP-NORC Center for Public Affairs Research ergab, dass nur etwa 29 Prozent der Amerikaner die Abschaffung einer grossen Anzahl von Bundesstellen wünschten, während 40 Prozent dagegen waren und 29 Prozent keine Meinung hatten. Parallel dazu waren 67 Prozent der Befragten der Meinung, dass die USA zu wenig für die Sozialversicherung ausgeben, 65 Prozent glaubten, dass sie zu wenig für die Bildung ausgeben, und 62 Prozent waren der Meinung, dass es zu wenig Hilfe für die Armen gibt.
Inzwischen entdecken viele Trump-Wähler, dass vieles von dem, was Musk als «Verschwendung, Betrug und Korruption» bezeichnet, Programme sind, die ihnen zugutekommen. Beispielsweise sind Landwirte, die Trump mit einer Mehrheit von drei zu eins unterstützt haben, vom Einfrieren der Mittel aus dem Inflation Reduction Act für den Schutz von Land, Boden und Wasser stark betroffen. Aber Hauptsache, man hat es den «woken» in Washington gezeigt.