Rückbildung des Staates nach argentinischem Vorbild
Trump will, dass Musk den Milei macht

Donald Trump und Elon Musk wollen die US-Regierung radikal umbauen. Ein neues Departement soll Bürokratie abbauen und Ausgaben kürzen. Das Vorbild: Argentinien. Experten hinterfragen allerdings die Notwendigkeit dieser Massnahmen.
Publiziert: 13.11.2024 um 20:00 Uhr
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Aktualisiert: 13.11.2024 um 20:37 Uhr
Der argentinische Präsident Javier Milei (l.) dient dem amerikanischen Tech-Mogul Elon Musk als grosses politisches Vorbild. Das könnte für die USA bald ein grosses Problem darstellen.
Foto: AFP

Auf einen Blick

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Chiara SchlenzAusland-Redaktorin

Mit Paypal revolutionierte er die Finanzwelt, mit Tesla die Autoindustrie und mit SpaceX die Raumfahrt. Nun soll Tech-Mogul Elon Musk (53) – in Zusammenarbeit mit Republikaner Vivek Ramaswamy (39) – mit dem «Department of Government Efficiency» (Doge) auch den amerikanischen Staatsapparat revolutionieren. Das gab der zukünftige US-Präsident Donald Trump (78) am Mittwoch bekannt.

Musk und Trump möchten nach eigenen Angaben über zwei Billionen US-Dollar an Staatsausgaben sparen, möglich gemacht durch Beschneidungen unterschiedlicher Departementbudgets. Oder, anders ausgedrückt: Der Staatsapparat soll so weit wie nur irgend möglich gestutzt werden. Die Idee ist alles andere als neu: Unter Javier Milei (54) lebt Argentinien bereits heute den Traum von Trump und Musk. Hat diese Art der Regierung tatsächlich Zukunft?

Argentiniens Milei als Vorbild

Das Duo hat grosse Pläne: Laut Trump wollen die beiden «den Weg für die Regierung ebnen, um die Regierungsbürokratie abzubauen, überflüssige Vorschriften zu streichen, verschwenderische Ausgaben zu kürzen und Bundesbehörden umzustrukturieren». Über zwei Billionen US-Dollar an Regierungsausgaben sollen so eingespart werden. Kein einfaches Unterfangen. 2024 gab die US-Regierung nach Angaben des Finanzministeriums über 6,75 Billionen US-Dollar aus. Heisst also: Musk muss einen Weg finden, etwa ein Drittel aller Bundesausgaben zu streichen. Eine derart drastische Kürzung des Haushalts würde die Abschaffung einer Reihe von staatlichen Leistungen erfordern – von der Verteidigung bis hin zu Themen wie Sozialleistungen und Bildung.

Die Arbeit des Nichtregierungs-Departments Doge soll bereits in zwei Jahren vollbracht sein. Trump bezeichnet die Abholzung des Regierungsapparats als ein «Geschenk» an die USA zum 250. Jahrestag der Unterzeichnung der Unabhängigkeitserklärung am 4. Juli 2026.

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Elon Musk, Donald Trump und Vivek Ramaswamy (v.l.) wollen den amerikanischen Regierungsapparat zurückbilden.
Foto: AFP

Aber was passiert eigentlich, wenn sich der Staat stückweise selbst abschafft? Eine Antwort auf diese Frage liefert Argentinien. Javier Milei, der argentinische Präsident, begann bei seinem Amtsantritt im Dezember 2023 ein ähnliches Projekt wie das von Musk und Trump geplante Unterfangen. Es ist naheliegend, dass seine Politik eine Vorbildfunktion für Trump und Musk hat – schliesslich bezeichnete Trump Milei als seinen «Lieblingspräsidenten», die drei treffen sich laut Medienberichten diese Woche auf Trumps Anwesen in Mar-a-Lago. «Die USA kopieren das Modell Argentinien!», lässt Milei sich kürzlich zitieren.

Argentinien kämpft gegen Inflation

Mileis Ziel: den Staatsapparat auf das absolute Minimum zu reduzieren, um Staatsverschuldung einzudämmen und die Inflation unter Kontrolle zu bringen. Seit Dezember 2023 schloss Milei 13 Ministerien und entliess rund 30'000 Staatsangestellte, was beinahe 10 Prozent der gesamten Bundesbelegschaft entspricht, wie die spanische Zeitung «El País» Ende Oktober recherchierte. Die Haushaltskürzungen haben sich besonders stark auf die Bereiche Infrastruktur (–74 Prozent), Bildung (–52 Prozent), soziale Entwicklung (–60 Prozent), Gesundheitswesen (–28 Prozent) und Bundeshilfen für die Provinzen (–68 Prozent) ausgewirkt.

Susanne Käss, Leiterin des Auslandsbüros Argentinien bei der CDU nahestehenden Konrad-Adenauer-Stiftung, merkt im Gespräch mit Blick an: «Die Reduktion des Staatsapparates ist in der Bevölkerung kaum zu spüren. In anderen Bereichen – wie der Infrastruktur oder den Sozialleistungen – bekommt die Gesellschaft die radikalen Massnahmen deutlich ab.» Bis im Oktober 2024 senkte Milei durch diese Massnahmen die Staatsausgaben im Vergleich zum Vorjahr um 30 Prozent. Das zeigen Berechnungen der argentinischen Finanzverwaltung Asap. Käss fügt im Gespräch an: «Im Dezember 2023 hatte Argentinien eine Inflationsrate von rund 25 Prozent – im November 2024 liegt sie bei 2,7 Prozent.» Es scheint, als würde Mileis Plan aufgehen.

Wie rechtfertigt Trump die Kürzungen?

Doch sind solch radikalen Kürzungen des Staatsapparats gerechtfertigt? Karl-Heinz Paqué, ehemaliger Finanzminister der deutschen FDP und jetziger Vorsitzender der parteinahen Friedrich-Naumann-Stiftung, erklärt gegenüber Blick: «Ein ökonomisches Sanierungsprogramm war in Argentinien überfällig. Das Land hat einen unglaublich aufgeblähten Regierungsapparat, Milei musste etwas tun.» Auch Käss bestätigt: «Die Politik der letzten Jahre liess kaum eine andere Möglichkeit zu.»

Bleibt die Frage, weshalb die USA – eine laut Paqué «kraftstrotzende Wirtschaftsmacht» – ähnlich radikale Massnahmen einführen möchte. «Das Haushaltsdefizit und die Inflation in den USA sind nicht vergleichbar mit der Situation in Argentinien. Es gibt kaum zwingende wirtschaftliche Gründe, solche Massnahmen umzusetzen.» Aber: «Was Trump und Milei verbindet, ist ein libertärer Zug: Der Staat soll möglichst kleingehalten werden.» Während Milei also zumindest die Rettung seines Landes zugeschrieben werden kann, scheint Trumps Vorhaben vordergründig ideologischer Natur zu sein.

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