Abschaffung Eigenmietwert
Banken plädieren für den Status quo

Der Eigenmietwert macht die Rückzahlung von Hypotheken steuerlich unattraktiv. Mit der Abschaffung drohen den Banken Einnahmeausfälle. Packen sie im Abstimmungskampf das dicke Portemonnaie aus?
Publiziert: 15:25 Uhr
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National- und Ständerat haben sich gefunden: Die Besteuerung des Eigenmietwerts soll abgeschafft werden.
Foto: Keystone

Auf einen Blick

  • Eigenmietwert soll abgeschafft werden, Stimmvolk entscheidet voraussichtlich 2025
  • Banken profitieren vom aktuellen System durch höhere Kreditbestände
  • Die Branche will nicht verraten, ob und in welcher Form man sich im Abstimmungskampf engagieren wird
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Thomas SchlittlerWirtschaftsredaktor

National- und Ständerat haben sich gefunden: Die Besteuerung des Eigenmietwerts soll abgeschafft werden – und mit ihm die Abzugsmöglichkeiten für Unterhaltsarbeiten und Schuldzinsen.

Das letzte Wort wird das Stimmvolk haben, voraussichtlich bereits 2025. Der Mieterverband, das Baugewerbe sowie die Bergkantone haben Widerstand angekündigt. Erstaunlich ruhig ist es jedoch um eine Interessengruppe, für die das heutige Steuerregime ebenfalls ein Segen ist: die Banken.

Weil der Eigenmietwert die Rückzahlung von Hypotheken steuerlich unattraktiv macht, profitieren insbesondere Finanzinstitute wie Raiffeisen und Kantonalbanken von höheren Kreditbeständen.

Doppelter Negativeffekt

Martin Brown, Titularprofessor für Finanzökonomie an der Universität St. Gallen und Direktor des Studienzentrums Gerzensee, sagt dazu: «Zurzeit ist es so, dass Hauseigentümer Hypothekarkredite ausstehend haben, und teilweise bei der gleichen Bank Spareinlagen oder Wertschriften halten.» Dieses Phänomen dürfte mit der Abschaffung des Eigenmietwerts weniger ausgeprägt werden, so Brown.

Dabei droht den Banken ein doppelter Negativeffekt: Nicht nur Zinserträge auf Hypothekarkredite könnten sinken, sondern auch Vermögensverwaltungserträge auf Ersparnissen.

Wie stark diese Effekte ins Gewicht fallen werden, weiss niemand. «Die Folgen einer eventuellen Abschaffung des Eigenmietwerts lassen sich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht abschliessend abschätzen», schreibt die Raiffeisen-Gruppe.

Keine Erfahrungswerte

Kleinere Banken, die ihre Kunden sehr gut kennen, geben sich einigermassen gelassen. «Ich gehe nicht davon aus, dass Hypothekarkunden nach der potenziellen Abschaffung des Eigenmietwerts in nennenswertem Umfang ausserordentliche Amortisationen vornehmen werden», sagt etwa Christoph Müller, Chef der Ersparniskasse Affoltern im Emmental.

Bei Dominic Böhm, Bankleiter der Bezirks-Sparkasse Dielsdorf, klingt es ähnlich: «Für unsere Kundinnen und Kunden ist der Hauptgrund für die Beanspruchung einer Hypothek der Bedarf an Kapital, nicht der Schuldzinsabzug.»

Bankenprofessor Andreas Dietrich von der Hochschule Luzern geht davon aus, dass mit der Abschaffung des Eigenmietwerts rund drei bis fünf Prozent des bestehenden Hypothekarvolumens zurückbezahlt würden. «Das entspricht in etwa dem jährlichen Hypothekarwachstum, das wir heute haben.» Da es keine Erfahrungswerte gebe, seien genaue Prognosen jedoch schwierig.

Fakt ist: In Deutschland, Italien, Frankreich und Österreich ist die durchschnittliche Hypothekarverschuldung deutlich geringer als in der Schweiz. Das liegt zum einen daran, dass hierzulande die Immobilienpreise höher und das Zinsniveau tiefer sind. Die Verschuldungsanreize des Eigenmietwerts, den die Nachbarländer nicht kennen, trägt aber auch seinen Teil dazu bei.

Engagement der Banken? Kein Kommentar

Die Banken haben deshalb wenig Interesse an einem Systemwechsel. 2019 hielt die Schweizerische Bankiervereinigung (SBVg) in ihrer Vernehmlassungsantwort denn auch fest: «Aus Sicht der Branche hat sich der Status quo bislang bewährt.»

Die Frage, ob und in welchem Ausmass sich die Banken im Abstimmungskampf finanziell engagieren werden, will die SBVg aber nicht beantworten. «Dazu können wir uns nicht äussern», teilt eine Sprecherin mit.

Der Verband Schweizerischer Kantonalbanken (VSKB) hält sich ebenfalls bedeckt, und Raiffeisen teilt mit, dass man «eine allfällige Beteiligung» an der öffentlichen Debatte «zu gegebenem Zeitpunkt» prüfen werde.

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