«Ich möchte einfach ein normaler Mensch sein», sagt Anna Holmlund (34) gegenüber dem «Expressen». Ob die ehemalige Skicrosserin nach ihrem schweren Trainingsunfall 2016 je wieder unabhängig leben kann? «Die Wahrscheinlichkeit, dass ich es schaffe, ist nicht besonders hoch», so die Schwedin. Sie arbeitet nach ihrer schweren Hirnverletzung jeden Tag an sich.
Die banalsten Dinge, über die gesunde Menschen nicht einmal nachdenken müssen, stellen für die dreifache Gesamtweltcup-Siegerin, die sich mittlerweile mit einer Gehhilfe fortbewegen kann, eine grosse Herausforderungen dar. In allem was Holmlund macht, sieht sie einen Aspekt des Trainings: «Der Gang auf die Toilette: Ich muss dorthin gehen und das Licht anmachen.» Auch die Nahrungsaufnahme bezeichnet die die 19-fache Weltcup-Siegerin als «Ausbildung»: «Das Essen eines Apfels zum Beispiel.»
Die grosse Bedeutung der Schule
Fortschritte sind zu erkennen. Das Zeitgefühl kommt zurück: «Vorher hatte ich keine Ahnung, wie spät es war oder welcher Tag heute ist. Ich kann mich nicht daran erinnern, wann ich eine olympische Medaille (Bronze in Sotschi 2014 d. Red.) gewonnen habe. Aber jetzt ist es viel besser.»
Ein wichtiger Bestandteil in ihrem neuen Leben ist die Schule – aus zwei Gründen. Zum einen hat sie dort ihren Freund kennengelernt, der sich ebenfalls nach einer Hirnverletzung zurück ins Leben kämpfen musste. Und zum anderen, um das Gefühl zu haben, etwas Sinnvolles zu tun.
Finanzielle Herausforderung
Die vielen Erfahrungen, die Holmlund über die Jahre gemacht hat, will sie nicht für sich behalten. In Vorträgen gibt die Schwedin ihr Wissen weiter. «Sie handeln von den drei Abschnitten meines Lebens: Die Skicross-Karriere seit meiner Jugend, den Unfall in Innichen und was mich jetzt erwartet.» Das Sprechen vor Publikum behagt ihr: «Die Vorträge sind wahrscheinlich das Beste, was es im Moment gibt.»
Nebst den positiven Emotionen sind sie auch finanziell von grosser Bedeutung. Die Reha-Camps, die sie regelmässig besucht, sind teuer. Dazu kommt: Die schwedische Sozialversicherung wollte ihr keine Entschädigung für die Camps zusprechen. Das Problem wurde dank der Hilfe von Sponsoren, dem Nationalen Olympische Komitee Schwedens und dem Skiverband vorerst gelöst.
Damit kann sich Holmlund voll und ganz auf ihr nächstes Teilziel konzentrieren: «Im Juli will ich drei Kilometer in den Flüssen Vanan und Västerdal schwimmen können.» Es wäre ein nächster Meilenstein auf ihrem beschwerlichen Weg zurück. (nab)