So begründet der Turnverband die Kündigung von Fabien Martin
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Nationalcoach muss gehen:So begründet der Turnverband die Kündigung von Martin

Wieder Knall bei den Turnern
Steingruber-Coach Fabien Martin muss nach Quäl-Vorwürfen gehen!

Jetzt ist auch der Cheftrainer der Schweizer Kunstturn-Frauen weg. Der Franzose Fabien Martin hat sich laut einer Untersuchung ethische Verfehlungen geleistet.
Publiziert: 01.09.2021 um 11:26 Uhr
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Aktualisiert: 01.09.2021 um 16:44 Uhr
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Fabien Martin muss beim STV seine Koffer packen.
Foto: Keystone
Emanuel Gisi

Nächster Knall im Schweizerischen Turnverband: Jetzt muss auch Frauen-Kunstturn-Nationalcoach Fabien Martin gehen!

«Die Beziehung zwischen Trainerteam und Athletinnen ist nicht mehr ausreichend intakt und tragfähig für eine Zusammenarbeit in der Zukunft», sagt STV-Direktorin Beatrice Wertli. «Wir müssen und wollen handeln.» Heisst konkret: Martin und seinem Team, bestehend aus seiner Ehefrau Natalia und seinem Bruder Jérôme, wurde regulär per Ende November gekündigt, die Trainer-Familie hat sich freistellen lassen.

Der Franzose war Gegenstand einer Untersuchung der neuen STV-Ethikkommission gewesen, nachdem im Herbst 2020 im Tamedia-«Magazin» die ehemaligen Athletinnen Fabienne Studer und Lynn Genhart Quäl-Vorwürfe gegen den Trainer von Turn-Star Giulia Steingruber erhoben hatten.

Mobbing, Depression, Suizidgedanken

«Fabien hatte verschiedene Strategien, uns fertig zu machen», sagte etwa Ex-Kunstturnerin Genhart. Ein Beispiel: «Er hat uns runtergemacht wegen dem Essen, dem Gewicht.» Monatlich hätten sie auf die Waage gemusst. «Sie sagten, wir seien müde, weil wir zu dick seien. Dabei waren wir müde wegen der psychischen Belastung. Wir waren kraftlos, willenlos. Noch heute denke ich, wenn ich müde bin: Das ist wohl wegen dem Gewicht.»

Bei Genhart endete der Traum vom Spitzensport beinahe in einer Tragödie. «Eines Abends sass ich in meinem Zimmer in Magglingen und überlegte: Aufhören oder nicht? Ich weinte, sass nur noch da. Mitten in der Nacht holte mich mein Papi. Wir gingen zum Notarzt. Die Diagnose: Akute Depression. Ich hatte Suizidgedanken. Eine Weile mussten mich meine Eltern überallhin begleiten, weil sie Angst hatten, dass ich sonst nicht mehr heimkomme.»

Direktorin Wertli: «Ich entschuldige mich persönlich»

Neben der STV-Ethikkommission führten auch Direktorin Wertli und der neue Spitzensportchef David Huser parallel eine Analyse durch. «Mich haben die Schilderungen der jungen Frauen erschüttert und bewegt», sagt Wertli. «Ich entschuldige mich persönlich und im Namen des Verbandes bei ihnen, dass sie Leid erdulden mussten und zum Teil noch heute an den Folgen leiden müssen.»

«Es tut mir aufrichtig Leid»
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Direktorin des Turnverbandes:«Es tut mir aufrichtig Leid»

Klare Worte findet auch Daniel Mägerle, Vorsitzender der STV-Ethikkommission, die sich mit dem Fall eingehend beschäftigte. Die Vorwürfe von Genhart und Studer seien durchaus glaubwürdig. «Einzelne Vorwürfe haben sich mit überwiegender Wahrscheinlichkeit so zugetragen, wie von den Athletinnen beschrieben», so der Jurist. «Sie wurden zu wenig unterstützt, ihre psychische und physische Integrität wurde verletzt, das Selbstwertgefühl der Athletinnen wurde geschwächt.»

Als «besorgniserregend» bewertet die Kommission um Mägerle die «mangelnde Kritikfähigkeit» von Martin und seiner Ehefrau. Martin habe sich nicht in der Pflicht gesehen, die Verantwortung für Probleme abseits der rein sportlichen Themen zu übernehmen. «Der Druck auf die Athletinnen blieb bei unzureichender Hilfestellung hoch. Er stieg sogar noch an.» Martin habe mit seinem Verhalten zum Teil tatsächlich gegen die Ethik-Charta von Swiss Olympic verstossen.

Nun geht es um die Spiele von 2028 und 2032

Der Franzose war seit 2017 Cheftrainer der Schweizer Kunstturn-Frauen gewesen, hatte davor jahrelang bereits im STV gearbeitet. Im vergangenen Jahr hatten bereits die Nati-Trainerinnen in der Rhythmischen Gymnastik ihren Posten räumen müssen, nachdem sich ehemalige Athletinnen über brutale Psycho-Methoden beklagt hatten.

«Wir versuchen, es künftig auf allen Ebenen besser zu machen», sagt Wertli, die seit Frühjahr 2021 im Amt ist. Sie verspricht, im Verband bei der «Rekrutierung von Trainern hohe Standards» anzusetzen. «Im ethischen Bereich verfolgen wir eine Nulltoleranz-Politik.»

Beim STV betont man gleichzeitig: Auch sportlich habe Martin zuletzt mit dem Kader keine Fortschritte mehr gemacht, ein Neuaufbau müsse her. Der Fokus für die Kunstturn-Frauen liegt darum bereits auf den Olympischen Spielen 2028 und 2032. «Wir befinden uns in einer sportlich schwierigen Phase», sagt Spitzensport-Chef David Huser über den Frauen-Kader, dem abseits von Giulia Steingrubers Leistungen zuletzt keine sportlichen Ausrufezeichen mehr gelungen sind. «Das Team stagniert.» Die neuen Coaches sollen «das Nationalkader entwickeln und den Takt vorgehen. Dieser Aufbau soll nachhaltig sein, wir wollen sicherstellen, dass die Sportart Kunstturnen auch mittelfristig Erfolge feiern kann.»

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