Tennis-Deutschland in der Krise
Wunder-Teenie (19) lässt unser Nachbarland hoffen

Ist sie die Antwort auf Boris Beckers Hilfeschrei? Sie heisst Noma Noha Akugue, ist erst 19 – und hat einen kometenhaften Aufstieg hingelegt. Der «taffe» Teenie verblüfft die kriselnde Tennis-Szene in Deutschland.
Publiziert: 04.08.2023 um 14:26 Uhr
|
Aktualisiert: 04.08.2023 um 15:47 Uhr
1/7
Sie ist plötzlich in den Fokus des Tennis-Zirkus gerutscht: Noma Noha Akugue.
Foto: Getty Images for matchmaker
RMS_Portrait_563.JPG
Marco PescioReporter Sport

Erst kürzlich hatte Tennis-Legende Boris Becker (55) nach ausbleibenden Resultaten öffentlich mit den deutschen Tennis-Stars abgerechnet. «Wo ist der deutsche Carlos Alcaraz?», fragte er, «wo sehen wir Nachwuchsspieler, die in der Weltspitze mitspielen können? Ich sehe sie nicht».

Nun haben die Spieler auf dem Platz eindrücklich geantwortet. Alexander Zverev (26) rauschte ohne Satzverlust zum Turniersieg in Hamburg. Und bei den Frauen sorgte gleichenorts eine junge Lokalmatadorin für eine Riesensensation. Die erst 19-jährige Noma Noha Akugue stiess bei ihrem allerersten (!) WTA-Turnier bis in den Final vor. Hätte sie dort nicht gegen die Holländerin Arantxa Rus (32/0:6, 6:7) verloren, wäre sie zur ersten deutschen Spielerin seit Steffi Graf 1992 geworden, die an der Alster triumphierte.

Das Akugue-Märchen lässt in Deutschland alle erstaunt zurück. Der Teenie aus Reinbek bei Hamburg ist sprichwörtlich aus dem Nichts und in nur wenigen Tagen zu einer Hoffnungsträgerin geworden – im eigentlich so stolzen Tennisland, das seit fünf Jahren (bei den Frauen/seit Angelique Kerber) respektive 27 Jahren (bei den Männern/Becker) auf den nächsten Grand-Slam-Titel wartet.

«Das ist kein Weichei»

Akugue hatte nur aufgrund von Absagen eine Wildcard fürs Hauptfeld erhalten. Doch die Tochter des früheren Leichtgewichts-Boxers Roland Obazelu, der zusammen mit seiner Partnerin Miriam einst aus Nigeria nach Deutschland gekommen war, packte ihre Chance auf der grossen Bühne. Der Sprung auf Platz 142 in der Weltrangliste und umgerechnet 16'890 Franken Preisgeld sind der Lohn. Obendrauf gibts jede Menge Lob – etwa von TV-Expertin Andrea Petkovic (35). Die frühere Weltklasse-Spielerin ist zur Mentorin von Akugue geworden und sagt gegenüber «Servus TV»: «Ich sehe eine grosse Zukunft für sie.»

Insbesondere die Athletik sei in ihrem Fall herausragend: «Das bekommt man nur hinter den Kulissen mit. Sie ist unglaublich taff. Sie ist total belastbar im Training. Wenn es hart wird, sieht man: Sie freut sich richtig.» Auch Bundestrainerin Barbara Rittner (50) bestätigt: «Das ist kein Weichei. Und sie hat auch mental einen riesigen Schritt gemacht.»

«Plan A wird durchgezogen»

Akugue selbst sagt von sich, sie sei auf dem Platz «ein Pokerface». Daneben überzeugt sie in Interviews mit einer erstaunlichen Schlagfertigkeit. Plan B gebe es in ihrem Leben keinen: «Plan A wird durchgezogen.» Eine Erklärung für ihren sensationellen Lauf in Hamburg habe sie nicht: «Ich weiss nicht, warum ich gerade so gut spiele, es ist mir aber auch egal.»

Und was Boris Beckers Zukunftssorgen betrifft, kann sie ihn zumindest mit ihrer Zielsetzung etwas beruhigen. Ihre Vorhaben sind klar: «Auf jeden Fall die Top 50 und ein Grand-Slam-Titel». Wobei Förderin Petkovic hierbei etwas auf die Bremse tritt. Sie verweist darauf, dass die Zeit für eine langsame Entwicklung wichtig sei: «Ich bin vielleicht ganz froh, dass es (in Hamburg) noch nicht zum grossen Wurf gereicht hat.»

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?