Kein anderer Tennisspieler hat zuletzt für so viele Schlagzeilen gesorgt wie Novak Djokovic. Der Serbe stand nach seiner Adria Tour, bei der er und einige andere Teilnehmer sich mit dem Coronavirus infiziert haben, im Kreuzfeuer der Kritik. Das Ganze ging sogar so weit, dass der Weltnummer 1 der Tod gewünscht wurde.
Auch der deutsche Ex-Tennisprofi Nicolas Kiefer zeigt wenig Verständnis und fragt sich auf «focus online»: «Hat Djokovic gedacht, dass das Virus überall ist, nur nicht in Serbien?» Als er das Video gesehen habe, wie oben ohne gefeiert wurde, sei er schockiert gewesen. Der 42-Jährige findet es respektlos, dass dort so getan wurde, als gäbe es keine weltweite Pandemie.
Was haben sie sich dabei gedacht?
Seine Kritik richtet sich aber nicht nur an Djokovic. Der Deutsche schiesst auch scharf gegen seinen Landsmann Alexander Zverev (ATP 7) und den Österreicher Dominic Thiem (ATP 3). «Man muss sich schon an den Kopf fassen und sich fragen, was sich ein Zverev, ein Thiem und noch viele andere Spieler bei solch einem Auftritt gedacht haben», meint Kiefer gegenüber «t-online». Wenn die beiden Top-Ten-Spieler schon so naiv sind, dass sie eine Teilnahme zusagen, hätte sich die ehemalige Weltnummer 4 zumindest ein Eingreifen des Umfelds gewünscht.
«Zverev und Thiem sind doch eigentlich gut beraten. Wieso sagt niemand im Vorfeld: ‹Schöne Einladung, aber ihr fliegt da nicht hin!›?», wundert er sich. Man müsse sich schon hinterfragen, ob die noch was anderes als Tennisbälle im Kopf haben. «Jeder Spieler muss reif und erfahren genug sein, die mehr als kritische Situation einzuschätzen», erwartet Kiefer mehr Verantwortungsbewusstsein.
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Aber womöglich war Zverev schlichtweg nicht bewusst, was seine Teilnahme für Folgen haben könnte. Das vermutet Kiefer zumindest in einem Interview mit «focus online»: «Er ist wahrscheinlich gerade aus den USA gekommen. Dort, wo er sich vorbereitet hat, war wahrscheinlich alles ein bisschen lockerer. Ich weiss nicht, ob er mitbekommen hat, wie ernst die Corona-Krise hier in Deutschland und in Europa ist.»
«Klares Signal und Warnung an die ATP-Tour»
Auch kein Verständnis hat der Deutsche für Victor Troicki (34, ATP 184), der im Gegensatz zu Thiem und Zverev, die beide negativ getestet wurden, zu denjenigen zählt, die sich bei der Adria Tour das Coronavirus eingefangen haben. Der Serbe sei sogar von seiner schwangeren Frau begleitet worden. «Mit gesundem Menschenverstand hätte man das doch nicht gemacht», meint Kiefer.
Der Deutsche ist der Meinung, dass im Tennis erst wieder eine gewisse Normalität einkehren kann, wenn auf der ganzen Welt die Ein- und Ausreiseverbote aufgehoben werden. Die umstrittene Adria Tour sieht er deshalb gegenüber «t-online» als «klares Signal und eine Warnung an die ATP-Tour». Und stellt damit auch die Durchführung der anstehenden Grand Slams in New York und Paris infrage. (bir)