Novak Djokovics Bilanz im Jahr 2020 ist bestechend. 26 Spiele, 26 Siege – bis am Montagabend das verhängnisvolle Achtelfinal-Duell gegen Pablo Carreno Busta folgt. Just in dem Moment als die Weltnummer 1 das Break zum 5:6 kassiert, lässt sie ihrem Frust freien Lauf. Djokovic schiesst einen Ball irgendwohin – dummerweise trifft er eine Linienrichterin voll am Hals. Die perfekte Jahresbilanz? Dahin. Das Image? Bröckelt weiter.
Neben Djokovic sind aber noch vier weitere Protagonistinnen und Protagonisten in den US-Open-Skandal verwickelt. BLICK zeigt, wer dabei war:
Laura Clark, die Leidtragende
Sie ist das Opfer der Djokovic-Entgleisung: Laura Clark. Die Linienrichterin wird vom Ball am Hals getroffen und sackt zu Boden. Der Tennis-Star eilt ihr sofort zu Hilfe, als sie sitzend nach Luft schnappt. Der erfahrenen Frau aus Owensboro (Kentucky) geht es nach dem Vorfall dem Umständen entsprechend gut. Gemäss «WKBR.com» meldeten Freunde Clarks, dass sie nicht ernsthaft verletzt wurde. Djokovic-Fans auf Twitter sind auch ob ihrer Reaktion erbost. Sie hätte nicht gleich zu Boden gehen müssen, lautet der Tenor.
Für Clark ist es nicht der erste Vorfall, der schmerzhaft endet. 2014 sagte sie zu einer US-Regionalzeitung, dass sie bei einem Service an einem Turnier in Louisville einst eine blutige Lippe kriegte, weil der Ball mit über 200 km/h auf ihr Gesicht aufschlug.
Sören Friemel, der oberste Richter
Der Deutsche ist der Chef-Schiri beim Internationalen Tennis-Verband ITF. Zuerst diskutieren die Referees untereinander, ehe Friemel auch mit Djokovic selbst am Netz spricht, wo der Serbe versucht, sich zu erklären. Doch seine Entscheidung steht nach kurzer Zeit fest: Djokovic wird disqualifiziert. Die Regeln besagen unter anderem: «Spieler dürfen zu keiner Zeit einen Offiziellen, einen Gegner, einen Zuschauer oder eine andere Person im Bereich des Turniergeländes physisch verletzen.» Friemel ist seit 2014 der oberste Schiedsrichter im Welt-Tennis.
Aurélie Tourte, die Pionierin
Sie leitet die Partie als Schiedsrichterin. Nach dem Vorfall ruft sie Chef-Schiri Friemel auf den Platz, um sich zu beraten. In der Tennis-Szene eine Pionierin. Tourte ist die erste Frau, die bei der ATP eine Vollzeitstelle als Schiedsrichterin kriegte und ebenfalls die erste Frau, die einen ATP-500-Final austragen durfte. 2019 leitete sie den French-Open-Final der Frauen.
Andreas Egli, der Überwacher
Was hat ein ehemaliger Fussball-Trainer und heutiger -Experte mit den US Open zu tun? Gar nichts. Der Schweizer Tennis-Supervisor heisst nur gleich wie die Nati-Legende. Als Überwachungsorgan ist er immer von Nöten, wenns unangenehm wird, beispielsweise als Serena Williams einen Schiri beleidigte oder als Nick Kyrgios einen Stuhl auf den Court warf. Egli war früher selbst Schiedsrichter und ist heute für das Aussprechen und Bestimmen von Strafen zuständig.
Djokovics verzweifelter Überzeugungsversuch
Die Weltnummer 1 zu disqualifizieren ist für die Offiziellen die einzig mögliche Lösung, will man dem Reglement folgen. Friemel sagt: «Einen Spieler bei einem Grand-Slam-Turnier auszuschliessen ist eine wichtige und sehr schwierige Entscheidung. Darum kommts nicht drauf an, ob es auf dem Center Court ist, ob es die Nummer 1 ist oder irgend ein anderer Spieler auf einem anderen Platz. Man muss einfach das Richtige tun.»
Djokovic hatte noch auf dem Platz versucht, sich zu erklären und den Ausschluss abzuwenden. Er bittet um Nachsicht: «Sie muss dafür nicht ins Krankenhaus», führt er an. Geschockt, weil er weiss, was auf ihn zukommt. «Gehen sie in dieser Situation nach Standard vor? Meine Karriere, Grand Slam, Centre Court?» Dann weiter: «Und wenn sie sofort aufgestanden wäre?»
Djokovic bittet um einen Nummer-1-Bonus, bietet dem Oberschiedsrichter auch andere Optionen als eine Disqualifikation an: «Du kannst mich mit einem Game bestrafen, mit einem Satz. Es gibt viele Möglichkeiten.» Doch die Referees wählen die einzig Richtige: Djokovic zu disqualifizieren. (leo/sme)