Auf einen Blick
- Belinda Bencics Mami-Höhenflug in Melbourne geht weiter
- Als Nächstes wartet das Duell mit Coco Gauff
- Bencic wird nach dem Turnier im Ranking hochklettern
Belinda Bencic (27) verblüfft an den Australian Open weiterhin – sogar an der Pressekonferenz. Nach ihrem Weiterkommen gegen Superstar Naomi Osaka (27), die beim Stand von 7:6 für Bencic mit Bauchmuskelproblemen aufgeben musste, erklärt die Ostschweizerin: «Dieses Turnier ist noch immer ein Test für mich. Hätten wir Ende Dezember mit der Schweiz nicht den United Cup in Sydney gespielt, hätte ich womöglich auch die Australian Open ausgelassen, weil es für mich immer noch so früh ist.»
Was als absolut verständliche Erklärung daherkommt, bei einer Frau, die erst gerade vor achteinhalb Monaten eine Tochter zur Welt brachte, ist angesichts ihres Formstands umso erstaunlicher. Bencic spielt, als wäre sie noch immer die Weltnummer 15, die sie vor ihrer Babypause war. Als wäre da kein Jahr Unterbruch dazwischen. Als wäre es das Einfachste der Welt.
Die Olympiasiegerin von Tokio erklärt sich das so: «Ich spiele Tennis seit meinem dritten Lebensjahr. Das ist wie Velofahren, das verlernst du nie. Es geht mehr um die physischen Aspekte.» Hier orte sie noch viel Luft nach oben. Und dennoch: Bencic präsentiert sich spielerisch und körperlich bereits in einer Verfassung, die ihr den Einzug in die zweite Woche der Australian Open ermöglicht. Weiter als in die Achtelfinals hat es die Rechtshänderin in Melbourne auch vor ihrer Schwangerschaft nie geschafft.
«Nicht normal, was Belinda leistet»
«Dass sie schon jetzt drei Runden überstehen würde, durfte man nicht erwarten. Es ist nicht normal, was Belinda gerade leistet», sagt auch Blick-Tennisexperte Heinz Günthardt (65). Ihr Start beim ersten Grand-Slam-Turnier des Jahres habe sich als Glücksfall entpuppt: «Es läuft wirklich optimal. Belinda konnte sich warmspielen, ist jetzt voll im Rhythmus. Gleichzeitig zog sie vergleichsweise ökonomisch in die Achtelfinals ein, indem sie wegen Osakas Aufgabe Kräfte sparen konnte. Und jetzt? Schreiben wir sie ganz sicher noch nicht ab.»
Klar ist: Mit Weltnummer drei Coco Gauff (20) wartet am Sonntagmorgen die nächste grosse Reifeprüfung auf Bencic. Günthardt bezeichnet die Amerikanerin als «brandgefährlich, weil sie enorme Power hat». In den Direktduellen steht es bislang eins zu eins.
Bencic selbst sagt, sie hätte sich früher mehr unter Druck gesetzt, jetzt aber lasse sie sich in dieser Situation nicht von Erwartungen verunsichern: «Natürlich geht es mir jetzt auch ums Gewinnen, aber ich ändere wegen dieses Turniers nicht meine Pläne in diesem Jahr.» Ein grosser Schritt in Richtung ihres Vorhabens ist ihr jedoch schon gelungen. Dank ihres Melbourne-Laufs wird sie, Stand jetzt, auf Rang 156 klassiert sein, womit sie sich sehr rasch wieder den zweistelligen Weltranglistenpositionen genähert hat.
Günthardt sagt zum märchenhaften Comeback: «Es ist einfach schön, dass sie zurück ist. Hinter diesen Satz gehören ein paar Ausrufezeichen. Belinda ist auf einen Schlag wieder ein Schweizer Aushängeschild par excellence.»