Auf einen Blick
- Pirmin Zurbriggen kann Vonn-Rückkehr nichts abgewinnen
- Vonn will trotz Teilprothese im Knie bis Olympia 2026 fahren
- 82-fache Weltcupsiegerin Vonn startet Comeback mit 40 Jahren nach sechsjähriger Pause
Es gibt nur ganz wenige Menschen, die in jeder klassischen Ski-Disziplin mehrere Rennen gewannen. Pirmin Zurbriggen (61) ist einer von ihnen – und auch Lindsey Vonn. Der Pisten-Held aus dem Wallis und die Speed-Queen aus den USA zählen zu den Besten der Geschichte.
Ansonsten haben sie aber nicht viel gemeinsam. Zurbriggen trat mit 27 zurück und war froh, nicht mehr im Rampenlicht zu stehen. Sie dagegen kehrt am Samstag mit 40 Jahren ins Weltcup-Scheinwerferlicht zurück – notabene nach fast sechsjähriger Pause und mit einer Teilprothese im rechten Knie. «Ich verstehe das nicht. Irgendwann musst du doch sagen: Es sind andere, jüngere da – meine Zeit ist vorbei», findet Zurbriggen.
Diese Meinung teilen andere ehemalige Ski-Asse. Seit Vonns Comeback-Ankündigung hagelte es Kritik und Spott. Doch egal, ob man ihre Rückkehr mit Titan-Knie nun gut findet oder nicht, stellt Zurbriggen eine vielleicht entscheidende Frage: «Kann es Lindsey akzeptieren, wenn sie 25. wird?»
Hirscher-Vonn-Vergleich hinkt
Bei Marcel Hirscher (35, Ö), dessen Comeback nach einem Kreuzbandriss bereits wieder zu Ende ist, konnte man die Frage mit Ja beantworten. Er zumindest betonte immer wieder, dass es ihm vor allem um die Freude am Skifahren und am Wettkampf gehe. Dazu fuhr Hirscher mit der eigenen Ski-Marke Van Deer – eine schöne Werbung.
Im Fall von Vonn ist dies anders. Sie sagte zuletzt: «Ich muss Geduld haben.» Und ergänzte sofort mit einem Augenzwinkern: «Das ist nicht meine Stärke.» Sie wolle dahin zurückkehren, wo sie einmal war, so Vonn. Das kann nur etwas heissen: an die Spitze. Die 82-fache Weltcupsiegerin will mindestens bis zu den Olympischen Spielen 2026 in Cortina (I) fahren.
Zurbriggen warnt: «Es besteht die Gefahr, dass Vonn sich ihr künstliches Knie zerfetzt. Und zwar so, dass sie in ihrem ganzen Leben nicht mehr richtig Sport treiben kann. Das wäre besonders traurig.» Vonn selbst ist sich der Risiken bewusst, denen sie sich als Speed-Fahrerin aussetzt. «Es kann sein, dass ich stürze, aber so ist das Leben», sagt sie achselzuckend.
«Das holt sie irgendwann wieder ein»
Vonns Fatalismus kann Zurbriggen nicht viel abgewinnen. «Ich bin vor eineinhalb Jahren einen Halbmarathon gelaufen und habe mich wie ein Kind gefreut. Es ist doch super, wenn man auch im Alter noch Sport machen kann. Genau darum, weil es so viel Spass macht, habe ich ja als Kind damit angefangen. Ich hoffe wirklich, dass Vonn sich dies nicht verbaut.»
Genau das befürchtet er jedoch. «Ich habe das Gefühl, dass Vonn den Sinn und Zweck ihres anderen Lebens in den letzten Jahren nicht erkannt hat. Sie hat wohl darunter gelitten, kein gefeierter Champion mehr zu sein. Ich finde das schade und traurig, es tut mir weh für sie – denn das holt sie irgendwann wieder ein.»
Noch ist es nicht so weit. Die Speed-Queen kehrt im Engadin in den Ski-Zirkus zurück. Mit welcher Rangierung wird sie sich zufriedengeben? Am Samstagmittag gibts die erste Antwort.