Vonn noch nicht ganz 100, aber …
Ist Justin Murisier ein Prophet? «Leider darf ich als professioneller Skirennfahrer nicht auf Skirennen wetten, ansonsten würde ich Geld drauf setzen, dass Lindsey eine Medaille gewinnen wird. Die Frauen-Abfahrtspiste in Saalbach ist sehr flach, Vonn wird dort ihre grosse Gleiterstärke voll ausspielen können.» Noch ist es natürlich nicht so weit. Aber: In Beaver Creek, dieser so schwierigen und steilen Piste, überzeugt Vonn als Vorfahrerin vollauf. Am Samstag bei der Abfahrt wäre sie mit ihrer Zeit auf Rang 9 gelandet. «Ich habe nicht 100 Prozent gegeben. Die Zeit dafür ist noch nicht gekommen», sagt sie. Und am Sonntag beim Super-G? Gemäss Blick-Infos gehen einige von einer Zeit von 1:05,48 Minuten und andere von 1:05,64 aus – damit wäre Vonn am Ende entweder 17. oder 20. geworden. Bereits am Sonntagabend flog Vonn in die Schweiz. Am kommenden Wochenende gibt sie in St. Moritz ihr Weltcup-Comeback nach fast sechsjähriger Pause und mit einem künstlichen Kniegelenk.
140 Punkte und eine grosse Portion Zuversicht
«Schlägt Gut-Behramis Stunde im Kugel-Kampf bereits jetzt?», titelte Blick letzte Woche. Der Hintergrund: Ihre wohl grösste Rivalin, Mikaela Shiffrin, fällt derzeit aus. Und das dürfte nach ihrer letzten Operation am Bauch noch mehrere Wochen so bleiben. Fakt ist: Gut-Behrami macht mit den Plätzen 3 und 2 im Gesamtweltcup ihre ersten grossen Schritte, sie punktet satt. Aktuell ist sie Zehnte. Und in St. Moritz könnte sie im gleichen Stil weitermachen.
Samba? Goggia erklärt ihren Tanz
Im Februar brach sie sich Schienbein und Schienbeinkopf. Eine gravierende Verletzung. Doch nun gewinnt Sofia Goggia bereits wieder – Sieg im Super-G nach einer brillanten Fahrt. «Am Morgen habe ich mir gesagt: Wenn ich mit grünem Licht ins Ziel komme, mache ich einen Braathen-Tanz», erzählt sie. Das tut sie dann auch zur Freude des US-Publikums, in Anlehnung an Neo-Brasilianer Lucas Pinheiro Braathen. Bloss: Goggia ist danach nicht von ihren Samba-Schritten überzeugt. «Das Problem ist, dass ich keine Brasilianerin bin, sondern Italienerin und aus Bergamo komme. Das einzige, was ich gut kann, ist Polenta zubereiten.»
Österreicherin denkt an verstorbene Mutter
Ariane Rädler (29) ist im Ski-Tross sehr beliebt – auch bei den Nicht-Österreicherinnen. Das liegt auch an ihrer bescheidenen Art. Umso mehr gönnen ihr alle am Sonntag den zweiten Podestplatz ihrer Karriere. Sie wird Dritte. Gegenüber der «Kronen-Zeitung» spricht die Vorarlbergerin, die mit 24 bereits vier Kreuzbandrisse überstanden hatte, emotionale Worte. Sie denkt an ihre 2019 an Krebs verstorbene Mama: «Sie war meine Bezugsperson, hat mich genommen, wie ich bin – das war damals eine sehr schwere Zeit.»
Zieht Gisin einen Schlussstrich?
Jahrelang zog Michelle Gisin (30) ihr Ding durch: Slalom, Riesenslalom, Super-G, Abfahrt und früher auch noch Kombinationen. Die Engelbergerin war eine der ganz wenigen Allrounderinnen. War? Diese Frage darf man sich nun stellen. Denn nach dem verpatzten Technik-Saisonstart und den guten Speed-Rängen 8 und 9 macht sie sich Gedanken, wie es weitergeht. «Es ist frustrierend, macht da der Kopf nicht mit. Ich habe mich über Jahre als Allrounderin definiert und das zelebriert, aber ich bin nie daheim, immer unterwegs, ich kann die Rennen nicht so vorbereiten wie die anderen, ich muss mir einreden, dass ich so bereit bin wie sie.» Ob Gisin künftig auf Slaloms und Riesenslaloms verzichten wird?
Drei Schweizer haben die grosse Slalom-Krise
Trotz des Riesen-Triumphs von Marco Odermatt und dem dritten Slalom-Rang von Loïc Meillard gibt es im Swiss-Ski-Team nach den Rennen in Val-d’Isère einige Herren, die richtig mies gelaunt sind. Besonders grossen Ärger hat derzeit Marc Rochat (31). Nachdem der Slalom-Spezialist aus Lausanne im letzten Winter mit vier Top-6-Klassierungen geglänzt hat, wartet er in dieser Saison mit einem kapitalen Fehlstart auf: drei Ausfälle in drei Rennen! Aber auch die beiden erfolgreichsten Athleten in der Schweizer Slalom-Geschichte kommen auf der Face de Bellevarde überhaupt nicht in Schwung. Ramon Zenhäusern (32, 6 Weltcupsiege) verpasst mit einem Rückstand 3,90 Sekunden die Quali für den zweiten Lauf deutlich, Daniel Yule (31, 7 Weltcup-Triumphe) muss sich mit dem 20. Schlussrang begnügen. Der Walliser betreibt Ursachenforschung: «Ich fahre derzeit zu aggressiv Slalom. Ich will das Top-Ergebnis regelrecht erzwingen und gebe dadurch den Ski zu wenig frei.»
«Val-d’Isère sollte keine Weltcuprennen mehr bekommen!»
Hitzige Diskussionen löst einmal mehr die mangelhafte Präparation der Face de Bellevarde aus. Die deutlichsten Worte spricht zu diesem Thema der ehemalige Weltklasse Riesen- und Slalomfahrer Siegfried Voglreiter (Ö, 54) aus, der seit bald zwanzig Jahren als Rennleiter von Fischer-Ski agiert: «Trotz den tiefen Temperaturen ist es den Franzosen nicht gelungen, eine kompakte Piste zu kreieren. Die Bedingungen waren extrem gefährlich. Weil diese Strecke auch in den Jahren zuvor sehr oft in einem sehr schlechten Zustand war, sollte man meines Erachtens keine Weltcuprennen mehr nach Val-d’Isère vergeben!»
Österreicher ist froh, dass er nicht gewonnen hat
Zu den Profiteuren der grenzwertigen Bedingungen auf der Olympiastrecke von 1992 gehört der Österreicher Patrick Feurstein. Als der Vorarlberger am Samstag den zweiten Lauf als Siebter (Rang 24 bei Halbzeit) in Angriff nimmt, weist die Piste nur geringe Spuren auf, zudem scheint die Sonne. Der 28-Jährige nutzt das nahezu perfekt aus und belegt in der Endabrechnung hinter Superstar Odermatt, der im zweiten Lauf eine ramponierte Piste gepaart mit mieser Sicht vorfindet, den zweiten Schlussrang. Nach seinem ersten Weltcup-Podestplatz tätigt Feurstein im Interview mit der österreichischen «Kronen-Zeitung» eine bemerkenswerte Aussage: «Ehrlich gesagt bin ich fast froh, dass Marco Odermatt schneller war als ich. Denn so kann nicht die üble Nachrede aufkommen, dass ich nur wegen des Wetters gewonnen hätte. Den Sieg spare ich mir dann lieber für ein anderes Mal auf.»
Die unterschiedlichen Cousins
Für die schrecklich nette Ski-Familie Feurstein ist es der zweite Weltcup-Podestplatz innerhalb vor einer Woche. Exakt sieben Tage vor Patricks Riesen-Exploit in Frankreich ist sein fünf Jahre jüngerer Cousin Lukas beim Super-G in Beaver Creek auf den dritten Platz gedonnert. Abgesehen vom skifahrerischen Können haben Patrick und Lukas Feurstein jedoch wenig gemeinsam. «Während Patrick sehr introvertiert ist, ist Lukas ein extrovertierter Zeitgenosse», bestätigt Alex Martin, der die Feurstein-Cousins als Servicemann betreut hat.
Nächste Runde im Schlagabtausch zwischen FIS-Boss und Athleten
Ein brandheisses Meeting steht am Dienstag um 17 Uhr auf dem Programm – dann wird sich FIS-Präsident Johan Eliasch in einem Video-Call den erzürnten Athletinnen und Athleten stellen. Viele Alpin-Stars sind bekanntlich sauer auf den Boss des internationalen Ski-Verbands, weil dieser eine 400-Millionen-Franken-Offerte des Private-Equity-Unternehmens CVC ausgeschlagen hat, obwohl dieses Angebot nie seriös geprüft wurde. Nachdem 71 Athleten einen Beschwerdebrief unterzeichnet haben, hat Eliasch mit seiner Behauptung, dass der grösste Teil der Sportler gar nicht gewusst hätte, wofür sie sich da überhaupt starkgemacht hätten, für zusätzlichen Unmut gesorgt. Marco Odermatt hält entschieden dagegen: «Ich kann zwar nicht für alle 71 Athleten reden, aber ich kenne viele, von denen ich ganz genau weiss, dass sie voll und ganz hinter diesem Brief stehen», sagt der dreifache Gesamtweltcupsieger und legt nach: «Keiner von uns Rennfahrern ist Anwalt. Aber uns geht es darum, dass von der FIS-Führung nicht irgendwelche Dinge unter den Tisch gewischt werden. Wir erwarten die volle Transparenz.» Entsprechend viel Zunder dürfte der kommende Video-Call beinhalten.
Speed-Klassiker in Italien wackelt
Angespannt ist die Stimmung auch in Bormio, wo am 28. und am 29. Dezember auf der selektiven Pista Stelvio eine Abfahrt und ein Super-G ausgetragen werden sollten. Doch der Speed-Klassiker in Italien wackelt. Weil es in den letzten Wochen im Veltlin zu warm war, konnte die FIS bei der Schneekontrolle am letzten Wochenende die Ampel noch nicht auf Grün stellen. Die Verantwortlichen sind jedoch optimistisch, dass in den nächsten 48 Stunden genügend Kunstschnee produziert werden kann, um die Stelvio bis zur finalen FIS-Kontrolle am Mittwoch vollständig präparieren zu können.