Erst zwei von zehn Abfahrten gingen in diesem Winter über die Bühne. Und dennoch konnte Jasmine Flury bereits jubeln, die 30-jährige Bündnerin gewann zuletzt in Val d'Isère. Nach dem Super-G-Erfolg 2017 und dem WM-Titel in der Abfahrt im letzten Februar war es der dritte grosse Triumph ihrer Karriere. Langsam aber sicher wird es manch einem Kritiker schwerfallen, bei ihr von einer Eintagsfliege zu sprechen.
«Einige Schlagzeilen nach der WM, die in diese Richtung gingen, störten mich schon etwas», gibt Flury zu. Sie habe mit WM-Gold etwas Einmaliges erreicht, so die Bündnerin. Cheftrainer Beat Tschuor verteidigt seine Athletin: «Jasmines Erfolge sind kein Zufall. Sie ist eine akribische Arbeiterin und hat sich alles mehr als nur verdient.»
Sie macht Kinder glücklich
Nun gehts für Flury mit drei Speed-Rennen in Zauchensee (Ö) weiter. Hier, am Gamskogel, tauchte sie vor genau zehn Jahren erstmals im Weltcup auf. «Es ist ein spezieller Ort. Die Abfahrt ist definitiv eines meiner Lieblingsrennen im Weltcup.» Ob sie erneut brillieren wird? Im einzigen Training (Platz 19) lief es ihr nicht nach Wunsch. «Ich habe mich nicht wirklich wohlgefühlt», sagt sie. Sicher ist: Die nötige Demut für weitere Glanztaten bringt Flury mit.
Wie geerdet Flury ist, demonstrierte sie erst vor wenigen Tagen auf der Terrasse des Bergrestaurants Jatzmeder oberhalb von Davos. Bei einem Wienerliplausch servierte sie rund 130 Kindern ihres Skiclubs Rinerhorn Wienerli, Brot und Punsch, dazu kamen unzählige Autogramme und Selfies. «Die strahlenden Augen der Kinder zu sehen, gibt mir sehr viel zurück. Es macht mich glücklich», sagt sie.
Wie kam es zu diesem Anlass? Rückblick. «Ich fuhr nur Rennen, weil es danach Wienerli gab», stand im SonntagsBlick nach dem WM-Sieg im letzten Februar. Die Davoser Zeitung versprach daraufhin allen, die Flury mittels Inserat gratulierten, aus dem Erlös, die Kinder des SC Rinerhorn zu einem Wienerliplausch einzuladen. Gesagt, passiert. «Es war ein Bilderbuchtag und richtig schön, dass so viele Kinder kamen», so Flury.
«Sie ist keine Eintagsfliege»
Zurück zum Sport. Flurys Bauchgefühl, vor dieser Saison die Skimarke zu wechseln – von Fischer zu Kästle – war offenbar richtig. Oder? «Bis jetzt schon», meint sie schmunzelnd. Kästle-Rennchef Rainer Nachbaur jedenfalls ist von Flury begeistert: «Wir wussten: Sie ist keine Eintagsfliege. Sonst hätten wir sie nicht geholt.»
Tschuor nennt einen weiteren Erfolgsfaktor. «Jasmine stand sich früher gelegentlich selbst im Weg, weil sie sich zu viel Druck gemacht hat. Jetzt kann sie besser damit umgehen. Wenn das Vertrauen in sich, in ihr Material passt und die äusseren Umstände stimmen, liefert sie.»