Zwei kamen ums Leben, einer erlitt einen Schlaganfall
Die tragischen Geschichten von fünf Lauberhorn-Helden

Einige Lauberhorn-Helden wurden nach ihrer Ski-Karriere besonders heftig vom Schicksal gegeisselt. Blick liefert fünf tragische Beispiele – mit nur einem Happy End.
Publiziert: 10.01.2024 um 19:33 Uhr
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Aktualisiert: 11.01.2024 um 06:58 Uhr
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Bill Johnson avancierte 1984 vom Nasenbohrer zum Lauberhornsieger.
Foto: Keystone
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Marcel W. PerrenReporter Sport

Steven Lee (61)

Am 15. Januar 1984 lieferte Steven Lee die exotischste Pointe in der Lauberhorn-Geschichte. Damals klassierte sich der Sohn eines Polizisten aus Sydney zeitgleich mit Superstar Pirmin Zurbriggen auf dem sechsten Rang. Lee, der ein Jahr später beim Super-G in Furano (Japan) zusammen mit dem Churer Daniel Mahrer seinen einzigen Weltcupsieg feierte, ist bis heute der einzige Australier, der auf der längsten Abfahrt der Welt Weltcuppunkte holte. Seit ein paar Jahren ist die einstige Alpin-Sensation ein Pflegefall. Lee erlitt im September 2020 einen Schlaganfall. Seitdem ist die rechte Körperhälfte des mittlerweile 61-Jährigen gelähmt, zudem hat er grosse Schwierigkeiten beim Sprechen. «Geistig ist Steven voll da. Aber als ich vor ein paar Monaten mit ihm telefonierte, konnte ich ihn teilweise kaum verstehen», erzählt die Trainer-Legende Jan Tischhauser (73). Der Zürcher Oberländer trainierte Lee jahrelang. Tischhauser weiss, dass Lee im letzten Winter trotz seiner Handicaps noch einmal auf den Skiern stand. «Gestützt von zwei Personen ist er in Australien einen kleinen Hang hinuntergefahren.»

William Besse (55)

Der Walliser war der Inbegriff eines seriösen Abfahrers. Selbst bei der Feier nach seinem Lauberhorn-Triumph 1994 trank William Besse kaum Alkohol. Dennoch war seine Leber bereits 2008 arg beschädigt. «Ich fühlte mich damals eigentlich sehr gut. Weil ich kurz davor den 40. Geburtstag gefeiert hatte, war für mich der Zeitpunkt für einen intensiven Medizin-Check gekommen. Und dabei wurde eben eine autoimmune Lebererkrankung entdeckt.» In den ersten Jahren nach der Diagnose konnte der vierfache Weltcupsieger seinen Alltag ohne grössere Probleme meistern und war unter anderem als Ski-Experte fürs Westschweizer Fernsehen im Einsatz. Doch ab 2020 verschlechterte sich sein Zustand dramatisch. Besse wurde bewusst, dass ihn nur noch eine Organ-Transplantation retten kann. Am 13. Dezember hat der Cousin von Justin Murisier (32) in Genf eine Spenderleber erhalten. Besse weiss, dass er viel Glück hatte: «In der Schweiz sterben pro Jahr ungefähr 150 Menschen, weil sie kein passendes Organ erhalten. Und ich weiss genau, dass ich jetzt auch nicht mehr leben würde, wenn ich keine neue Leber erhalten hätte.» Und wie hoch ist seine Lebensqualität heute? «Ich brauche zwar noch etwas mehr Erholungszeit als früher, aber es wird immer besser. Ski fahren kann ich schon jetzt wieder ohne Beschwerden.»

Andreas Schifferer (49)

In der Saison 1997/98 erlebte Andreas Schifferer die Blütezeit seiner Karriere. In jenem Winter gewann der Sprössling eines Lehrer-Ehepaares nach dem Sieg am Lauberhorn auch die Abfahrtsgesamtwertung. Doch 2003 veränderte Schifferer durch die Bekanntschaft mit dem Energetiker Martin Weber seinen Alltag komplett. Der Salzburger sah in Weber die Reinkarnation von Jesus und tat von da an alles, was sein «Hirte» von ihm verlangte. Schifferer trennte sich von seiner Lebensgefährtin, brach den Kontakt zu seiner Tochter ab, begann mit Bäumen zu sprechen und nächtigte im Stroh. 2019 starb Weber. Dem mittlerweile 49-jährigen Schifferer geht es gemäss seinen ehemaligen Rennfahrer-Kollegen «überhaupt nicht gut».

Bill Johnson (1960–2016)

Als Bill Johnson 1984 am Lauberhorn seinen ersten Weltcup-Erfolg verbuchte, wurde er von Österreichs Abfahrtskaiser Franz Klammer abschätzig als «Nasenbohrer» bezeichnet. «Bill war technisch kein guter Skifahrer, er konnte kaum eine Kurve fahren», sagte Klammer später. Dennoch wurde dieser «Nasenbohrer» nur ein paar Wochen nach dem Überraschungscoup in Wengen in Sarajevo auch Abfahrts-Olympiasieger und verbuchte in Aspen und Whistler zwei weitere Weltcupsiege. Danach aber gings für den Amerikaner bachab. Nachdem er 1988 wegen miserabler Leistungen aus dem US-Team gestrichen worden war, hielt er sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser. 1992 ertrank sein Sohn. Nach der Trennung von seiner Frau machte Johnson seine Sucht- und Geldprobleme öffentlich. 2001 wurde Johnson zudem sein Comeback-Traum zum Verhängnis: Im Training zur US-Abfahrtsmeisterschaft erlitt er ein derart schweres Schädel-Hirntrauma, dass er ab diesem Zeitpunkt von seiner Mutter gepflegt werden musste. Nach einem Schlaganfall 2011 wurden Johnsons Organe von einem Infekt angegriffen. 2016 ist der tragische Lauberhorn- und Olympiaheld im 56. Lebensjahr verstorben.

Rok Petrovic (1966–1993)

Im Winter 1985/86 war Rok Petrovic im Slalom das, was Marco Odermatt heute im Riesen ist – nahezu unbezwingbar. Der Slowene entschied in dieser Zeitspanne fünf von sieben Wettbewerben für sich. In Wengen siegte er mit einem Vorsprung von 1,23 Sekunden auf den Franzosen Didier Bouvet. 1993 wurde der Ausnahmekönner mit 27 Jahren aus dem Leben gerissen. Petrovic ertrank beim Tauchen auf der kroatischen Insel Korcula.

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