Nach dem Slalom von Adelboden erschüttert ein heftiges Nachbeben die Ski-Welt. Der Ausrüster von Halbzeit-Leader Alexander Steen Olsen (No, 22) behauptet nun, dass der Norweger auch durch einen Fauxpas des Startrichters um den Sieg gebracht wurde.
Was ist am Sonntag in der finalen Phase am Chuenisbärgli wirklich passiert? Nachdem der Norweger Atle Lie McGrath (23) als Halbzeit-Zweiter und somit vorletzter Starter im zweiten Lauf die Bestzeit vom Österreicher Manuel Feller (31) knapp verpasst hat, wird das Rennen unterbrochen. Im Ziel gehen die meisten Zuschauer davon aus, dass Steen Olsen am Start zurückgehalten wird, weil eine Kippstange verankert werden muss.
Doch Jean-Francois Jond (55) von Steen Olsens Ski-Ausrüster Rossignol verbreitet nach dem ersten Abfahrts-Training in Wengen eine sehr viel brisantere Version: «Der Start-Richter wollte Alexander gar nicht mehr fahren lassen, weil er der Meinung war, dass das Rennen bereits vorbei sei.» Wie bitte? «Weil im ersten Durchgang der Amerikaner Benjamin Ritchie und der Spanier Joaquim Salarich zeitgleich den 30. Rang belegten, haben sich nicht wie üblich 30, sondern 31 Athleten für den finalen Durchgang qualifiziert. Und offenbar war sich der Start-Richter dessen nicht mehr bewusst, als Steen Olsen als 31. an den Start gekommen ist», glaubt der Rossignol-Mann.
FIS-Rennleiter wird den Startrichter austauschen
Es dauert gut eine Minute, bis das Missverständnis geklärt ist und der Junioren-Weltmeister von 2022 nach der Funk-Intervention von FIS-Rennleiter Markus Waldner doch starten darf. Doch Steen Olsen kommt nur sechs Tore weit, ehe er durch einen Innenskifehler ausscheidet. Bei Rossignol wird das Out ihres 22-jährigen Top-Talents auf die Verwirrung am Start zurückgeführt. Jond ist überzeugt, dass Steen Olsen durch die Diskussion mit dem offiziellen Start-Richter der FIS aus der Konzentration gebracht wurde. Was den Franzosen besonders ärgert: «Wenn ein Servicemann von uns eine Bindungsplatte verwendet, die um 0,1 Millimeter zu hoch ist, wird der Athlet von der FIS disqualifiziert. Aber wenn der Start-Referee der FIS wie im Fall von Steen Olsen einen kapitalen Fehler begeht, passiert nichts. Und das kann einfach nicht sein.»
FIS-General Waldner bestätigt gegenüber Blick, «dass es beim Chuenisbärgli-Slalom diese Konfusion am Start tatsächlich gegeben hat». Der Südtiroler nimmt in dieser Angelegenheit aber auch das Personal des offiziellen Zeitnehmers in die Pflicht: «Wir haben von Longines vor dem zweiten Durchgang eine Startliste erhalten, auf der nur 30 Rennfahrer auf einer Seite waren. Der Name von Leader Steen Olsen fungierte auf einem separaten Blatt Papier. Blöderweise hat der Startrichter nur die erste Seite dieser Liste in der Hand gehabt.»
Steen Olsens Déjà-vu
Waldner hält fest, dass es personelle Konsequenzen geben wird: «Von einem ausgebildeten Startrichter muss ich schon erwarten können, dass er auch ohne Startliste weiss, welcher Fahrer nach dem ersten Lauf in Führung liegt. Der Mann, der im Vorjahr souveräne Arbeit am Chuenisbärgli-Start abgeliefert hat, war dieses Jahr als Zielrichter im Einsatz. Im nächsten Jahr wird er wieder Startrichter sein.» Es ist übrigens nicht das erste Mal in diesem Winter, dass Steen Olsen in seinen Startvorbereitungen beeinträchtigt wurde. Im November wurde der Wikinger, der im letzten Winter beim Slalom in Palisades Tahoe seinen ersten Weltcupsieg feierte, beim Slalom in Gurgl fast eine Viertelstunde am Start zurückgehalten, weil Klima-Aktivisten der «letzten Generation» im Zielraum eine Rennunterbrechung provozierten.