Es ist eine Schlappe. Erklärbar zwar, aber letztlich dennoch eine Schlappe. Camille Rast ist beim Riesenslalom in Sölden mit Platz 12 die beste Schweizerin. Weiter hinten findet man Michelle Gisin (22.), Wendy Holdener (25.) und Simone Wild (28.). In der Summe macht dies 40 Punkte für das Schweizer Team – so wenige wie seit 13 Riesenslaloms nicht mehr.
Bereits im ersten Lauf bleiben Jasmina Suter (35.), Mélanie Meillard (45.), Stefanie Grob (48.), Andrea Ellenberger (50.) und Janine Schmitt (53.) hängen – sie verlieren alle mehr als vier Sekunden. Vor allem aber verzichtet Lara Gut-Behrami auf einen Start, weil ihr nach drei Wochen ohne Skitraining das Vertrauen in ihren Körper fehlt.
Die Punkte, welche die Tessinerin im Normalfall mit fast schon chirurgischer Präzision einfährt, fehlen schmerzlich. Und man muss kein Prophet sein, um festzustellen: Sollte die 33-Jährige in dieser Saison weitere Rennen auslassen, droht uns ein trister Frauen-Winter. Denn: In der letzten Saison sorgte sie für satte 37 Prozent aller Punkte.
Gut-Behrami nur Teilzeitarbeiterin diesen Winter? Swiss-Ski-Präsident Urs Lehmann könnte sich jedenfalls gut vorstellen, dass sie sich auf die WM in Saalbach fokussieren wird. «In ihrer Phase der Karriere zählen nur noch Titel», sagt er. Gleichzeitig betont die 33-Jährige, dass sie nicht bereit ist, ihre Gesundheit aufs Spiel zu setzen. «Vor zehn Jahren wäre ich noch gestartet. Aber jetzt ist mir das Risiko zu gross», meinte Gut-Behrami in Sölden.
Viele kehren zurück, brauchen aber Zeit
Lehmann erklärte beim Abgabetag von Swiss-Ski Anfang September, dass man nur allzu gerne den Nationencup in diesem Winter verteidigen würde. Ihm ist die Schwere der Aufgabe aber bewusst, weil es bei den Frauen viele Unsicherheiten gibt.
Alpin-Direktor Hans Flatscher sagt deshalb klipp und klar: «Wir müssen schauen, dass wir die Athletinnen, die sich zuletzt verletzt haben, wieder nach und nach an die Spitze heranführen.»
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Davon gibt es viele – vielleicht zu viele. Holdener hat nach überstandener Knöchel-Operation ihr Comeback gegeben. Fünf weitere Athletinnen steht dieses noch bevor: Corinne Suter, Joana Hählen, Jasmine Flury, Aline Danioth und Nicole Good.
Suter steht nach ihrem Kreuzbandriss und Meniskusschaden schon länger auf den Ski, nach ihrer ersten schweren Verletzung lässt sie aber Vorsicht walten. Sie hofft, Ende November nach Copper Mountain (USA) ins Trainingslager fliegen zu können – am 14. Dezember steigt die erste Abfahrt des Winters in Beaver Creek.
Ob auch ihre beste Kollegin im Weltcup mit dabei sein wird? Flury braucht nach ihrem Knorpelschaden weiter Geduld. «Ich lasse mir die Zeit, die mein Körper braucht», sagt sie. Es ist sogar möglich, dass sie die ganze Saison auslässt. Bei Speed-Kollegin Hählen ist dies kein Thema, sie hat auch mit zwei gerissenen Kreuzbändern in den Knien (sie liess sie nicht operieren) Vertrauen in ihren Körper.
Nationencup-Sieg höchst ungewiss
Slalom-Ass Danioth hat sich derweil hervorragend von ihrem vierten Kreuzbandriss (mit Operation) erholt – die Urnerin fuhr in Argentinien nach 557 Tagen Rennpause endlich wieder einen FIS-Bewerb. «Ich war noch nie so stolz auf mich wie in diesen Moment», erzählt sie. Und Slalom-Kollegin Good? Sie stürzte bei der Schweizer Meisterschaft in Davos schwer auf den Kopf, hat aber keinerlei Nachwehen.
Die Schweiz holte sich den Nationencup zuletzt zweimal Serie und in vier der letzten fünf Saisons. Den Swiss-Ski-Frauen fehlten zuletzt allerdings trotz des Gesamtweltcup-Gewinns Gut-Behramis über 300 Punkte auf die Österreicherinnen.
Ob sie das Ruder diesmal herumreissen können? Fakt ist: Die Voraussetzungen für einen Top-Winter bei den Frauen waren schon besser.