Wer Vincent Kriechmayr auf seinen letztjährigen Triumph am Lauberhorn anspricht, erhält vom Oberösterreicher eine überraschende Antwort. «Das war vermutlich mein traurigster Sieg. Das Glücksgefühl, das man nach einem solchen Erfolg im Normalfall hat, wurde mir an diesem Tag genommen, weil die Verantwortlichen vom Schweizer Ski-Verband richtig schlechte Stimmung gegen mich gemacht haben.»
Zur Erinnerung: Der Bauernsohn aus der Region Linz wurde vom sonst so fairen und fachkundigen Publikum während der Fahrt und bei der Siegerehrung ausgepfiffen, weil er nur dank einer Sondererlaubnis der FIS starten durfte.
«Richtig schlimm und unfair!»
Kriechmayr war nach seiner Corona-Erkrankung erst nach den beiden offiziellen Trainings in Wengen eingetroffen. Laut Reglement ist aber ein Rennstart nur dann erlaubt, wenn ein Athlet mindestens einen Trainingslauf bestritten hat. «Aber gemäss meinen Informationen hat bei der offiziellen Mannschaftsführersitzung kein Schweizer Funktionär protestiert, als ich diese Sondererlaubnis von der Rennleitung der FIS erhalten habe. Es hat auch keiner etwas gesagt, als ich in der verkürzten Abfahrt Zwölfter wurde. Aber mein Sieg in der Originalabfahrt wurde dann als einer der grössten Skandale der Ski-Geschichte bezeichnet. Das hat mir richtig wehgetan.»
Der 31-Jährige wird jetzt richtig deutlich: «Ein Skandal ist für mich der Fall von Silvano Beltrametti, der 2001 in Val d’Isère auf dem Sprung zu einer Mega-Karriere mit einer Querschnittlähmung im Rollstuhl gelandet ist, weil ihn das Fangnetz nicht vor dem Aufschlag im Wald abhalten konnte. 20 Jahre später ist meine Landsfrau Nicole Schmidhofer am selben Standort wieder im Wald gelandet. Dass solche traurigen Vorfälle mit meinem Sieg gleichgesetzt wurden, finde ich richtig schlimm und unfair.»
«Jeder wäre gefahren»
Kriechmayrs Trainer Sepp Brunner glaubt, dass die miese Stimmung in Wengen mitverantwortlich war, dass «Vinc» eine Woche später beim grossen Weltcup-Klassiker in seiner Heimat der Favoritenrolle mit zwei 13. Rängen nicht einmal ansatzweise gerecht werden konnte. «Bei den Kitzbühel-Rennen haben ihn die Vorkommnisse am Lauberhorn auf jeden Fall noch beeinträchtigt.»
Wirklich? Kriechmayr: «Optimal war die Vorbereitung auf die Hahnenkamm-Rennen damals wirklich nicht, weil ich dort immer wieder auf Wengen angesprochen wurde. Aber irgendwann habe ich dann zu mir selber gesagt, dass ich ja nichts Falsches gemacht habe. Jeder andere wäre in meiner Situation auch gefahren, wenn er diese Erlaubnis erhalten hätte.»
Seit Monaten in Top-Form
Der amtierende Abfahrts- und Super-G-Weltmeister hat nach den Enttäuschungen in Kitzbühel und bei den Olympischen Spielen in Peking (6. im Super-G und 7. in der Abfahrt) zu seiner alten Stärke zurückgefunden.
Am Ende des letzten Winters hat Kriechmayr bei der WM-Hauptprobe in Courchevel in der Abfahrt und im Super-G triumphiert. Und in der laufenden Saison hat der Skimarken-Gefährte von Beat Feuz in Gröden und auf der Brutalo-Abfahrt in Bormio gewonnen. Deshalb wäre es alles andere als eine Überraschung, wenn Kriechmayr in den nächsten Tagen in Wengen uneingeschränkte Glücksgefühle erleben würde.
Johan Clarey muss aus «persönlichen Gründen» auf die Lauberhornrennen von diesem Wochenende verzichten, wie der französische Skiverband (FFS) in einer kurzen Mitteilung bekannt gab. Der 42-jährige Speed-Spezialist aus Frankreich belegte im zweiten Abfahrtstraining am Mittwoch den 22. Platz, nachdem er tags zuvor Trainingszweiter geworden war.
Clarey, der das französische Speed-Team anführt, hatte vor Jahresfrist in der Olympia-Abfahrt in China hinter Beat Feuz die Silbermedaille gewonnen. (SDA)
Johan Clarey muss aus «persönlichen Gründen» auf die Lauberhornrennen von diesem Wochenende verzichten, wie der französische Skiverband (FFS) in einer kurzen Mitteilung bekannt gab. Der 42-jährige Speed-Spezialist aus Frankreich belegte im zweiten Abfahrtstraining am Mittwoch den 22. Platz, nachdem er tags zuvor Trainingszweiter geworden war.
Clarey, der das französische Speed-Team anführt, hatte vor Jahresfrist in der Olympia-Abfahrt in China hinter Beat Feuz die Silbermedaille gewonnen. (SDA)