Kitzbühel am letzten Sonntag: ÖSV-Sportdirektor Toni Giger wirft nach der zweiten Hahnenkamm-Abfahrt einen verzweifelten Blick auf die Ergebnisliste. Der Toni verzieht dabei sein Gesicht, als ob er gerade einen Schluck saure Milch getrunken hätte. Danach erklärt der Salzburger den Journalisten, warum ihm der Doppelsieg von Beat Feuz und Marco Odermatt besonders wehtut. «Es ist einfach schade für unser schönes Polster, dass wir vor diesem Rennen im Nationencup hatten.»
Leider jammert Giger auf ziemlich hohem Niveau, schliesslich liegen seine Ösis bei noch 22 ausstehenden Weltcuprennen (12 Frauen, 10 Männer) immer noch 541 Punkte vor der Schweiz. Und das, obwohl Rot-Weiss-Rot derzeit keinen Seriensieger wie Marco Odermatt in seinen Reihen hat. «In den letzten beiden Wintern mussten wir der Schweiz in der Nationenwertung vor allem deshalb den Vortritt lassen, weil wir bei den Frauen viele Verletzte hatten. Jetzt sind zum Glück die meisten Athletinnen wieder fit und liefern wertvolle Punkte», analysiert Peter Schröcksnadel, der den Nationencup als ÖSV-Präsident 30 Mal in Serie (!) gewinnen konnte.
Swiss Ski droht Prämienverlust
Die Ausgewogenheit des Austria-Kaders macht sich im Vergleich zu Swiss Ski aber auch bei den Männern bemerkbar. Während wir neben Odermatt und Feuz mit Daniel Yule und Niels Hintermann nur noch zwei Athleten haben, die in diesem Winter vom Podest grüssten, haben neun Österreicher (Kriechmayr, Mayer, Feller, Striedinger, Leitinger, Hemetsberger, Strolz, Hirschbühel, Haaser und Raschner) den Sprung aufs «Stockerl» geschafft. Bei den Frauen ist es ähnlich, die Breite fehlt. Dazu kommt, dass Lara Gut-Behrami wegen eines positiven Corona-Tests gleich fünf Rennen verpasste und wegen fehlender Energie auf weitere drei verzichtet. «Das sind potenziell mehrere hundert Punkte, die uns fehlen», so Frauen-Cheftrainer Beat Tschuor.
Diego Züger, der bei Swiss Ski die Marketing-Abteilung leitet, hat die Hoffnung auf ein Happy End in diesem Ländervergleich aber noch nicht aufgegeben. «Ich glaube an die Qualität unseres Teams. Und die beiden letzten Siege in dieser Wertung waren für die Vermarktung des Skisports in der Schweiz Gold wert, das Duell mit den Österreichern hilft uns in der Vermarktung. Zum einen finanziell, aber auch darum, weil dieses Thema die Sponsoren, Partner und Fans in der Schweiz, aber auch in Österreich, sehr interessiert. Dieser Zweikampf ist für beide Nationen positiv. Ein weiterer Triumph im Nationencup würde uns natürlich eine schöne Prämiensumme einbringen.»
Österreicher bleiben gelassen
Exakte Zahlen will Züger nicht nennen. Insider sind aber überzeugt, dass es sich um eine sechsstellige Summe handelt. Gemäss Peter Schröcksnadel ist das in Österreich ganz anders: «Weil für uns der Erfolg im Nationencup während Jahrzehnten einer Selbstverständlichkeit gleichgekommen ist, haben wir mit unseren Sponsoren für diese Wertung keine Erfolgsprämien ausgehandelt…»