Es gab in den 80er-Jahren regelmässig Weltcup-Abfahrten, in denen mehr als die Hälfte der Top 15 Schweizer waren. Gusti Oehrli war einer davon. Deshalb tut sich der 58-Jährige schwer damit, dass man sich in der Gegenwart damit zufriedengibt, wenn sich in der Regel höchsten vier Schweizer unter den besten 15 klassieren.
«Trotz des zweiten Nationencup-Siegs in Serie befürchte ich, dass die Spitze im Schweizer Ski-Team schon bald zu wenig breit sein wird», sagt der Saanenländer, der in den letzten Jahren als Rennchef von Salomon Schweiz die Entwicklung im Skisport hautnah miterlebte. «Bei den Männern sehe ich im Riesenslalom hinter Marco Odermatt und Loïc Meillard keinen jungen Athleten, der eines Tages in der Weltklasse mitfahren könnte. Und bei den Frauen ist die Nidwaldnerin Delia Durrer die einzige Nachwuchsathletin, die vielversprechende Ansätze zeigt. Aber bei Swiss-Ski ist man ja mittlerweile zufrieden, wenn es pro Jahrgang nur zwei Athleten in den Weltcup schaffen.»
Herminator zum Beispiel nehmen
Woran liegt es, dass es die grossen Jahrgänge mit sechs bis sieben Weltklasse-Athleten in der Schweiz nicht mehr gibt? «In den Weltcup-Gruppen haben wir zwar absolute Top-Trainer. Doch ab Stufe B-Kader lässt die Qualität der Coaches stark nach. Deshalb bleiben auch viele Talente auf der Strecke», erklärt Oehrli.
Und noch etwas stösst ihm sauer auf: «Ich vermisse die Geduld bei der Talentförderung von Swiss-Ski. Zu oft werden 20-Jährige aus dem Kader aussortiert, obwohl sie vor allem körperlich Entwicklungspotenzial haben. Dabei hat uns ja Hermann Maier gezeigt, dass gewisse Athleten etwas länger brauchen.»
Wo Oehrli recht hat, hat er recht. Österreichs «Herminator» wurde vom ÖSV mit 18 Jahren aussortiert, weil er körperlich für zu schwach befunden wurde. Maier kämpfte auf eigene Rechnung weiter, bis er mit 25 seinen ersten von 54. Weltcupsiegen einfuhr.