Mit finanziellen Sorgen kennt sich Niels Hintermann aus. Der Lauberhorn-Sieger von 2017 machte 2018 eine schwierige Zeit durch. «Ich musste mir ernsthafte Gedanken machen, ob ich mir das Leben als professioneller Skirennfahrer noch länger leisten kann», sagt der Zürcher. Der Grund damals war einfach: Nach einer Schulterverletzung hatte er seinen Kopfsponsor verloren und konnte einen ganzen Winter lang kein einziges Rennen bestreiten. «Damals hatte ich nur noch 1800 Franken», sagt Hintermann.
Bruder hat gute Verträge ausgehandelt, aber ...
Diese Zeiten wären eigentlich vorbei für den Schweizer Speed-Spezialisten. «In der Zwischenzeit hat mir mein cleverer Bruder und Vermarkter Sven zwar wieder ein paar gute Verträge ausgehandelt, und ich bin im letzten Winter bei vier Weltcup-Abfahrten in die Top acht gefahren. Aber ein beruhigendes Finanzpolster lagert deshalb noch lange nicht auf meinem Konto.»
Hintermann macht sich deshalb Gedanken in der ganzen Corona-Krise. Was, wenn der Grossteil der Rennen in diesem Winter ausfällt? Oder sogar die ganze Saison? Ein Szenario, das angesichts der aktuellen Fallzahlen nicht auszuschliessen ist. «Deshalb ist die jetzige Situation für mich auch wirklich beängstigend», sagt Hintermann. «Ich habe mich vor ein paar Tagen mit meinen Eltern darüber unterhalten, was ich tun würde, wenn die Weltcup-Saison wegen Corona abgesagt werden müsste. Die Antwort ist klar: Ich müsste zumindest kurzfristig einen anderen Job ausüben.»
Er erhält keinen Fix-Lohn
Einfach würde das aber nicht werden. Zwar steht Niels Hintermann nicht ohne Ausbildung da. Vor Jahren hat der 25-Jährige in Engelberg die Hotelfachschule und das KV absolviert. Doch er ist realistisch: «Während der Corona-Krise einen Job in einem Hotel zu erhalten, wird aber sicher auch nicht einfach.»
Die quälenden Gedanken enden für das Ski-Talent aber nicht bei diesem Winter. Er macht sich auch über die längerfristige Zukunft Sorgen. Da Skirennfahrer keinen Fix-Lohn vom Verband erhalten, gehören ihre Verträge mit den Ausrüstern zu den wichtigsten Einnahmequellen. «Aber die Ski-Industrie hatte schon vor Corona finanzielle Probleme, durch die Pandemie dürften die Geldsorgen bei den Ski-Herstellern noch grösser werden.»
Auch was die Suche nach Sponsoren angeht, macht er sich keine Illusionen. «Viele Firmen werden ihr Sponsoren-Budget kürzen, um Arbeitsplätze zu retten», vermutet Hintermann. Sponsoren zu finden, werde darum noch schwieriger. «Auch deshalb ist die Zukunft von einem Skirennfahrer wie mir unsicher.»