Das macht ihr so schnell keine nach: Michelle Gisin (30) ist die letzte Frau, die in einem Winter alle Weltcuprennen bestritt. So geschehen in der vorletzten Saison. «Ich habe eine riesige Begeisterung für alle Disziplinen. Das verstehen nicht alle. Gleichzeitig habe ich Rennen lieber als Trainings.»
Auch in diesem Winter wird Gisin wohl wieder ein Mammut-Programm abspulen. Der Startschuss folgte in Sölden – mit einem etwas längeren und härteren Riesenslalom-Ski. «Es geht mir sehr gut, ich bin topfit. Dazu passt das Material und technisch sollte auch alles stimmen», sagt sie und ergänzt: «Warum sollte ich etwas anderes sagen, wenn es nicht so ist?»
Gisins grosses Ziel ist im Gegensatz zu anderen Athletinnen nicht die WM im kommenden Februar. Nein, sie will um den Gesamtweltcup mitfahren. «Er ist mein grosser Traum. Klar, Medaillen bei Grossanlässen sind wahnsinnig viel wert und wunderschön. Da musst du an einem Tag voll abliefern, der Druck ist riesig. Aber beim Gesamtweltcup gehts darum, während der gesamten Saison stark zu fahren. Die Kompletteste gewinnt.»
Müde? Auch dann fährt und fährt sie
Gisin ist neben Ski-Legenden Vreni Schneider (59) und Maria Walliser (61) die einzige Schweizerin, die es in allen vier klassischen Disziplinen aufs Stockerl schaffte.
Um im Gesamtweltcup gegen Top-Stars wie Mikaela Shiffrin (29, USA) und Lara Gut-Behrami (33) zu bestehen, muss sie Stammgästin auf dem Podium werden – bislang ist ihr das nie gelungen. «Das ist mir bewusst und ich drehe an jeder Schraube, die ich habe, um es zu schaffen.»
Beim Trainingslager in Ushuaia (Arg) holte sie sich die Grundlage für den Winter. «Wir haben zweieinhalb Wochen lang richtig Gas gegeben. Es war so intensiv, dass ich mich ab und zu bewusst zu Boden gefahren habe.»
Zu Boden gefahren? «Das gehört dazu. Denn im Winter werde ich auch Rennen haben, wo ich müde oder sogar erschöpft bin. Darum habe ich genau das auch in Argentinien trainiert.» Gefährlich sei das Ganze aber nicht. «Ich wärme mich immer sehr gut auf und habe die Erfahrung, um nicht Kopf und Kragen zu riskieren, wenn es nicht nötig ist.»