Fast vier Jahre sind vergangen. Genauer: 1340 Tage. Am 8. Februar 2018 lag Mélanie Meillard schreiend im Schnee von Pyeongchang (SKor). Bei einem der letzten Trainings vor ihren ersten Olympischen Spielen war das Supertalent aus Hérémence gestürzt. Die Diagnose: Kreuzbandriss und Meniskusverletzung.
An Krücken statt mit einer Medaille um den Hals bestieg Meillard das Flugzeug zurück in die Schweiz. «Ich weiss nicht, ob ich je wieder bei 100 Prozent sein werde», sagte sie kurz darauf. War es eine Vorahnung? Fakt ist: Seit fast vier Jahren kämpft Meillard darum, wieder ihr einstiges Niveau zu erreichen. Geschafft hat sie es noch nicht.
Kampf gegen Windmühlen
Wir treffen Meillard in Saillon, einem wunderschönen Walliser Weinbaudorf. Hier besitzt sogar der Dalai Lama einige Rebstöcke. «Wirklich? Das ist ja cool», sagt Meillard. In diesem Augenblick geht fast vergessen, welche Leidenszeit hinter der Walliserin liegt. Sie strahlt wie eh und je, als wäre nichts gewesen. «Es geht mir so gut wie schon lange nicht mehr, der Sommer war super», sagt sie. Nur noch ganz selten spüre sie das Knie. Und wenn, dann weiss sie längst, dass sie es schonen muss. «Ich habe gelernt, auf meinen Körper zu hören.»
Lange kämpfte Meillard gegen Windmühlen. Als ihr bei der ersten Operation die Sehne eines Toten eingefügt wurde, liess der Schmerz nicht nach. Ihr Körper akzeptierte das fremde Teil nicht, die Technikerin musste sich erneut operieren lassen – diesmal wurde eine eigene Sehne verwendet. Sie verlor zwei Jahre und musste tatenlos zuschauen, wie sich Material und Gegnerinnen weiterentwickelten.
Das erste Comeback misslang, das zweite im letzten Winter war nicht viel besser. Die Bilanz seit Pyeongchang ist ernüchternd: 17 Rennen, 11-mal keine Punkte. Das Top-Resultat? Rang 9 im Slalom von Levi zu Beginn des letzten Winters. Viel zu wenig für eine Athletin, die so viel Gefühl für den Schnee mitbringt wie kaum eine zweite. «Ich habe mich mit 19 verletzt, jetzt bin ich 23. Es ist ganz anders, ich bin ein anderer Mensch», sagt Meillard. Sie sei erwachsener geworden, ohne aber die Freude am Sport zu verlieren. «Die ist genau gleich wie als kleines Mädchen.»
«Es würde sich ein Kreis schliessen»
Ob Meillard beim Saisonauftakt in Sölden (23. Oktober) starten wird, steht noch in den Sternen. Durch die Verletzungen ihrer Teamkolleginnen Wendy Holdener (28) und Corinne Suter (27) sind zwei Riesenslalom-Startplätze für die Schweiz frei geworden. «Sölden ist eine Option», sagt Meillard vorsichtig.
Zurück zum Thema Olympia. Meillard gibt zu, dass sie Peking (China) im Hinterkopf hat. Dort finden im kommenden Februar die Winterspiele statt. «Sollte ich es dorthin schaffen, würde sich ein Kreis schliessen», findet Meillard. Sie könnte auch sagen, dass sie mit Olympischen Spielen noch eine Rechnung zu begleichen hat.