Sie ist nicht nur 30 Jahre alt, sondern auch die Marathon-Frau im Ski-Zirkus: Michelle Gisin. Als einzige Athletin neben Deutschlands Supertalent Emma Aicher (20) bestritt die Engelbergerin jedes Rennen. «Eigentlich hatte ich mir vorgenommen, auch mal eine Pause einzulegen. Dies als Lehre des letzten Jahres, als ich das nie gemacht habe und mir zwischendurch die Energie fehlte. Aber es läuft so gut und ich fühle mich so wohl, dass ich noch kein Rennen aus dem Kalender gestrichen habe», sagt sie.
Man merkt sofort: Nach zwei schwierigen Jahren mit den Folgen des Pfeifferschen Drüsenfiebers und des Materialwechsels von Rossignol zu Salomon fühlt sich Gisin wie neugeboren.
Beim Nachtslalom-Spektakel in Flachau (Ö) fuhr sie zuletzt auf Rang 4 – und das trotz eines Malheurs mit dem Stock, den sie zwischendurch verlor. Die Zahlen zeigen: In jeder der vier Disziplinen-Wertungen ist Gisin besser klassiert als im letzten Winter.
«Früher schaffte ich es gar nie aufs Podest»
Aber wäre weniger nicht doch manchmal mehr? Gisin bestritt in ihrer Karriere 251 Weltcuprennen, schaffte es 20 Mal aufs Podest, holte aber nur einen Sieg. Hätte sie sich in den letzten Jahren auf weniger Disziplinen konzentriert, hätte sie mehr gewonnen. «Ich bin nicht sicher bei dieser These», entgegnet sie.
Und erklärt: «Früher, als ich nur Slalom fuhr, schaffte ich es gar nie aufs Podest. Erst als ich begann, alle Disziplinen zu fahren, gelang mir dies. Ich finde dieses Leben einfach geil. Auch wenn ich viel weniger Tore pro Disziplin trainieren kann, gibt mir der ständige Wechsel Kraft.»
Ist sie eine Ski-Romantikerin? «Ja, ich glaube, das kann man so sagen. Ich fahre auch lieber Rennen, als ich trainiere», sagt sie schmunzelnd. Genau darum denkt sie momentan nicht daran, auf den Riesenslalom in Kronplatz (30. Januar) zu verzichten – ursprünglich hatte sie das so geplant.