Wer im Winter das 1500-Seelen-Dorf Killington im US-Bundestaat Vermont reist, muss hart im Nehmen sein. Fast jeder Tag ist ein Eistag, der Schnee türmt sich zwei Meter hoch und die Sonne scheint so selten wie fast nirgends in den USA.
Und doch ist Killington für zwei Schweizerinnen eine Oase des Glücks. Lara Gut-Behrami (32) gewinnt den Riesenslalom und meint: «Es ist ein wunderschönes Gefühl.» Tags darauf schafft es Wendy Holdener im Slalom auf Platz 3. «Ich habe mehr geweint als bei meinem Sieg vor einem Jahr», erklärt sie.
Doch was steckt hinter dem Glück des Schweizer Duos?
Gut-Behrami behält die Ruhe im Sturm
Zuerst zu Gut-Behrami. Ihre Bilanz des Saisonauftakts ist makellos: zwei Rennen, zwei Siege. Das gelang ihr letztmals vor zehn Jahren. «Ich habe grosses Selbstvertrauen.» Das sieht man bei jedem Schwung und ganz extrem im ersten Lauf, wo sie sich trotz eines Mini-Schneesturms nicht beirren lässt. «Dabei kämpfe ich normalerweise immer etwas, wenn es windet», so die Tessinerin.
Gut-Behrami hat einen Sommer mit wenigen Skitagen und Problemen hinter sich. Sie fokussierte sich darauf, möglichst fit zu werden. Vier Wochen schuftete sie in Granada (Sp) bei ihrem Kondi-Coach Alejo Hervas. Das Skitraining in Argentinien war dann fast schon zum Vergessen. «Ich habe die Sonne nie gesehen, es war feucht, mein Knie machte Probleme. Ich habe mich gefragt, was das für einen Sinn macht.»
Dennoch: Mit ihren 32 Jahren lässt sie sich wegen solcher Probleme nicht mehr verrückt machen. Sie weiss, wie gut sie ist und dass sie nicht Tausende Tore im Training braucht, um in Form zu kommen.
Nur der Körper kann sie stoppen
Dazu kommt Gut-Behramis neue Lockerheit: Sie wirkt ausgeglichen wie nie zuvor und geniesst das Leben auf der Zielgeraden ihrer Karriere. Auch privat scheint alles zu passen, zu Hause in Udine (It) mit Ehemann und Ex-Kicker Valon Behrami und unterwegs im Ski-Zirkus mit den Eltern Pauli und Gabriella.
Vor dem Riesenslalom-Doppel am nächsten Wochenende in Mont-Tremblant (Ka) stellt sich einzig die Frage: Macht Gut-Behramis Körper mit? Sie machte zuletzt klar, dass die Regeneration nicht mehr so schnell gehe wie noch vor ein paar Jahren. «Um vorne mitzumischen, muss ich topfit und gesund sein. Das braucht viel Energie, und ich bin nicht mehr die Jüngste.»
Schmerzmittel? Podest!
Das trifft auch auf Wendy Holdener (30) zu. Noch in Levi (Fi) schluckte sie wegen Rückenproblemen Medikamente, fand die Abstimmung mit dem Material nicht und fuhr ohne Vertrauen – die Slalom-Ränge 12 und 8 waren die Folge.
Die letzten zwei Wochen hätten sehr viel Energie gekostet. Aber: «Ich habe mich aber nicht verrückt machen lassen.» Es wirkt, als sei die Schwyzerin darauf noch stolzer als auf ihren 3. Rang. Nun kann der Winter auch für sie endgültig kommen. «Dieses Resultat ist sehr wichtig. Nun hoffe ich, dass es bald auch im Riesenslalom besser läuft.»