Gisin übt Kritik, US-Coach zieht mit – FIS gibt Fehler zu
«So viele Verletzte – das kann es nicht sein»

Drei Rennen, viele Stürze, dazu schlimme Verletzungen: Die drei Rennen in Cortina geben zu denken. Was muss sich ändern?
Publiziert: 28.01.2024 um 20:10 Uhr
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Aktualisiert: 29.01.2024 um 08:25 Uhr
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Ein Bild, an das man sich in Cortina leider gewöhnen musste: Eine Skifahrerin wird nach einem Sturz behandelt.
Foto: Getty Images
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Mathias GermannReporter Sport

Sie hatte sich so sehr auf Cortina (It) gefreut. «Diese Landschaft, diese Abfahrt, dieses Wetter – ich bin mega gerne hier», sagte Corinne Suter (29) am Mittwochabend. Drei Tage später liegt sie mit frisch operiertem Knie im Bett, ihr Winter ist vorbei. Das gleiche Schicksal erlebt Teamkollegin Joana Hählen (32), auch sie reisst sich auf der Olimpia delle Tofane das Kreuzband.

Die beiden Schweizerinnen sind nicht die einzigen, die sich in Cortina verletzen. Tatsächlich stürzen an diesen drei Tagen am Fuss der Dolomiten zahlreiche Fahrerinnen – darunter auch die Besten. In den drei Rennen schaffen es 35 nicht ins Ziel. Man fragt sich unweigerlich: Was lief in Cortina eigentlich schief?

«Die FIS muss das genau analysieren»

Super-G-Siegerin Lara Gut-Behrami (32) findet, dass der Stress für die Fahrerinnen wegen äusserer Umstände viel grösser sei als vor zehn Jahren: Materialtests, Trainings, Interviews, Sponsorentermine und Rennen – alles werde immer mehr. «Irgendwann bist du am Start schon platt», sagt sie. Sie weiss: Sehr schnell wird sich daran nichts ändern.

Legt man den Fokus auf die Piste, sieht es anders aus – da muss sich etwas tun. Michelle Gisin (30) ist eine jener Fahrerinnen, die sich in Cortina verletzt hat. Sie erlitt heftige Prellungen am Schienbein. Wann sie ihr Comeback gibt, steht in den Sternen. Mit Blick redet sie schon jetzt. Und sagt: «Die FIS muss genau analysieren, was alles falsch lief. So viele Verletzte – das kann es nicht sein, das sollte nicht passieren.»

Renndirektor wehrt sich

Zwei Punkte stören Gisin. Erstens: die Sprünge. «Es gab in Cortina schon immer viele Wellen. Doch nun wurden die Wellen zu Sprüngen. Und dabei landete man im flachen Gelände – bei 100 km/h ist das einfach nicht gut.» Als Beispiel nennt sich Suters Verletzung: Die Schwyzerin stürzte nicht, doch beim Aufprall gab ihr Knie nach. Österreichs Ski-Ass Cornelia Hütter (31): «Landungen im Flachen sind nie gut. Am Samstag war ich insgesamt 15 Mal in der Luft – das ist nicht üblich im Weltcup.»

FIS-Renndirektor Peter Gerdol lässt die Sprung-Kritik nicht gelten. Für ihn ist klar: «Die Wellen bringen die Fahrerinnen dazu, aus der Hocke zu gehen. Das verlangsamt sie also – genau das wollen wir.» Das Problem: Fährt eine Fahrerin zu passiv und drückt die Welle nicht, hebt sie schnell ab.

«In der Formel 1 gibt es riesige Auslaufzonen»

Als zweiten, störenden Punkt nennt Gisin die Delta-Kurve – eine entscheidende Passage in Cortina. Hier stürzten zahlreiche Athletinnen. «Am Ansatz der Kurve hatte es Spuren des Pistenbullys, die über die Nacht hart geworden waren.» Federica Brignone (33, It), Priska Nufer (31), Emma Aicher (20, De) und sie seien dort alle an leicht unterschiedlichen Orten weggerutscht – eine ein paar Meter weiter rechts, die andere ein paar Meter weiter links. «Mein Sprung davor war nicht optimal. Aber ich dachte nie im Leben daran, dass ich stürzen würde – es hat mir aber einfach den Ski verschlagen.»

Ob die Unterlage bei der Delta-Kurve zu schwierig war, ist offen. US-Coach Paul Kristofic stört sich an etwas anderem: «Wir wollen die Athletinnen fordern. Und ich finde auch, dass die Athletinnen lernen müssen, taktisch zu fahren. Aber es sollte nicht sein, dass ein kleiner Fehler direkt dazu führt, dass man im Netz landet.»

Was er meint: Bei der Delta-Kurve hätte es kaum Marge gegeben, um sich aus einer Notsituation zu retten. «In der Formel 1 haben alle modernen Strecken riesige Auslaufzonen, die die Fahrer vor schlimmen Verletzungen schützen. Hier hatten wir das nicht.»

FIS kündigt Meeting an

Gerdol gibt zu: «Da werden wir uns überlegen, wie wir in den nächsten Jahren mehr Platz für die Fahrerinnen schaffen können.» Unter anderem dieses Thema wird die FIS in den nächsten Tagen bei einem Meeting mit den Speed-Trainern aufarbeiten. Gerdol: «Wir versuchen ständig, uns zu verbessern. Der Austausch ist gut und wir nehmen jede Kritik ernst. Man kann nie genug für die Sicherheit tun.»

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