Die Serie ist kaum in Worte zu fassen. Warum? Weil sie so bitter ist. 14 Mal fuhr Wendy Holdener im Slalom schon auf Rang 2, dazu 15 Mal auf Platz 3. Gewonnen hat sie noch nie. 29 Podestplätze in einer Disziplin, ohne jemals zu gewinnen – das ist bei weitem Rekord in der Weltcupgeschichte.
Auch in Kranjska Gora reicht es Holdener nicht fürs oberste Treppchen, obwohl die Vorzeichen perfekt scheinen. Denn: Holdener fährt schon im ersten Lauf grandios und einen Hauch schneller als die Zickzack-Genies Petra Vlhova (Slk) und Mikaela Shiffrin (USA).
Wenige Stunden später ist alles ist angerichtet für das Holdener-Märchen – zumal es ihr 100. Weltcup-Slalom ist. Es gibt tatsächlich niemanden im Ski-Zirkus, der Holdener diesen einen Sieg nicht gönnen würde. Aber eben, es reicht wieder nicht. Dabei liegt sie 30 Sekunden vor dem Ziel noch vor der späteren Siegerin Vlhova. «Ich sah Mikaela während meiner Fahrt am Pistenrand stehen. Sie war also ausgeschieden. Leider machte ich dann den einen Fehler zu viel, sodass es nicht reichte», so Holdener.
Als Letzte am Start? «Geil»
23 Hundertstel fehlen der zweifachen Kombi-Weltmeisterin letztlich auf Vlhova, die den fünften von sechs Saison-Slaloms für sich entscheidet. «Im Ziel habe ich nur geschaut, ob ich an der Anzeigetafel irgendwo die 1 finde», erzählt Holdener. Sie findet sie nicht, stattdessen die 2. Ist sie nun mehr enttäuscht wegen des verpassten Sieges oder glücklich wegen des Podestplatzes? «Eher glücklich. Es war geil, die Letzte am Start zu sein und die Chance zum Sieg zu haben. Viele haben mir die Daumen gedrückt, ich wollte den gewinnen und bin entsprechend gefahren. Das nehme ich nun mit.»
Eine, die stets aus der Ferne mit Holdener mitfiebert, ist Vreni Schneider. Die Elmerin gewann in ihrer glanzvollen Karriere 34 Weltcup-Slaloms. «Wendy fährt so unglaublich stark und hätte den Sieg schon längst verdient. Ich bin aber ganz sicher, dass dieser schon bald kommen wird», so die Ski-Legende. Und was würde sie Holdener am liebsten mit auf den Weg geben? Gold-Vreni: «Du hast das super gemacht, Wendy! Für uns alle bist du eine ganz Grosse des Skisports.»
Gisins verrückte Serie reisst
Was nicht vergessen werden darf: Mit ihrem Podestplatz rettet Holdener die Schweizer Ehre. Denn: Michelle Gisin, der zweite Schweizer Slalom-Trumpf, sticht nicht. Die Engelbergerin kommt lediglich drei Tore weit, ehe sie am vierten einfädelt. Ein Blitz-Ausfall. Und eine Seltenheit. Denn: Gisin schied im Slalom letztmals vor fast fünf Jahren aus, nach 33 Rennen in Serie schreibt sie erstmals wieder einen Nuller.
Immerhin: Mit Elena Stoffel (21.) und Nicole Good (23.) holen zwei weitere helvetische Fahrerinnen Punkte – für die Sarganserin Good sind es die ersten überhaupt.