Auf einen Blick
- FIS-Präsident Eliasch verteidigt Pläne und kritisiert Athleten-Brief
- Eliasch: Einige Athleten wussten nicht, dass sie den Brief unterschrieben haben
- 71 Athleten unterzeichneten Brief für mehr Transparenz und Mitspracherecht
Allzu oft ist Lara Gut-Behrami (33) nicht mehr vor Mikrofonen anzutreffen. Aber wenn sie etwas sagt, ist es in der Regel direkt, unverblümt, ohne Umwege. Und es hat meistens Hand und Fuss. Nach dem ersten Training zur Abfahrt in Beaver Creek (USA) meint sie am Mittwoch im SRF: «Wenn alle frustriert sind, dann läuft etwas schief.»
Was die Tessinerin meint? Drei Stunden vor ihrer Aussage läutet das Telefon des Blick-Reporters. FIS-Mediensprecher Bruno Sassi bietet ein Gespräch mit FIS-Präsident Johan Eliasch an. Er habe die Berichterstattung gelesen und würde gerne einige Dinge klarstellen, heisst es.
Worum es geht, ist sofort klar: Um den von der FIS abgelehnten Deal mit dem Finanzunternehmen CVC, das 400 Millionen Euro offerierte. Um die Pläne der Zentralvermarktung der Medien- und Marketingrechte. Und natürlich um den Brief der Athleten an den Weltskiverband, in dem sie eine genaue Überprüfung der Offerte und mehr Mitspracherecht fordern. Auch Gut-Behrami hat ihn unterschrieben – obwohl sie seit jeher auf Head, der ehemaligen Firma Eliaschs, fährt und ihn lange unterstützt hat.
Der 62-jährige britisch-schwedische Milliardär kritisiert die Blick-Berichterstattung mit keinem Wort – auch nicht, dass man den Fall öffentlich ins Rollen gebracht hat. Vielmehr fährt er als Erstes den 71 Athleten, die ihren Namen unter den Brief setzten, an den Karren. «Konstruktive Kritik ist immer willkommen, aber sie muss auf Fakten beruhen und begründet sein. Und bis jetzt sind es nur allgemeine Beschwerden. Ich weiss nicht, worüber.»
Er kenne viele der Ski-Cracks, welche ihrem Frust Ausdruck verleihen, persönlich. «Ich habe direkt mit ihnen gesprochen. Einige wussten nicht einmal, dass ihre Namen auf diesen Briefen standen. Andere haben nicht wirklich verstanden, was sie unterschrieben haben und was vor sich geht.»
Letzteres geben einige Athleten durchaus zu. Mikaela Shiffrin (29, USA) und andere veröffentlichten kürzlich den Brief der Athleten auf Instagram und schrieben dazu: «Wir geben nicht vor, alles zu wissen. Wir fordern nur mehr Transparenz und mehr Rücksicht auf eine bessere Berücksichtigung unserer Stimmen und der auf dem Tisch liegenden Angebote, die die Zukunft unseres Sports beeinflussen.»
«Sie haben ihre Hausaufgaben nicht gemacht»
Eliasch betont, dass er seit seinem Amtsantritt 2021 die Vertretung der Athleten im FIS-Rat verdoppelt habe. Zum abgelehnten Angebot der CVC über 400 Millionen meint er: «Wir haben nichts abgelehnt. Aber sie haben eindeutig ihre Hausaufgaben nicht gemacht. Als ich mich mit ihnen traf, wussten sie nichts über unseren finanziellen Status, unsere Bilanz, unsere Gewinn- und Verlustrechnung. Sie haben unseren Strategieplan noch nie gesehen, obwohl er auf unserer Website steht.»
Einerseits sei die FIS offen für weitere Gespräche mit der CVC, andererseits macht Eliasch deutlich, dass er den Prozess der Zentralvermarktung der Medien- und Marketingrechte mit Vermarkter Infront nach dem CVC-Brief sicher nicht stoppen werde. «Unser Kongress hat ihn im Frühling bewilligt, er wurde einstimmig angenommen. Wir sind glücklicherweise sehr gut kapitalisiert. Und um den Plan umzusetzen, brauchen wir kein Fremdkapital.»
Das heisse aber nicht, dass die FIS nicht nach Alternativen suchen werde, um das Wachstum zu beschleunigen und mehr zu erreichen. «Und wenn das der Fall ist, ja, dann sollten wir Kapital beschaffen. Und das werden wir in einem breiten, transparenten Prozess tun.»
Erpressung? Eliasch gibt ÖSV einen Ratschlag
Doch was ist beispielsweise mit dem österreichischen Skiverband? Dieser klagt gegen die Zentralisierung, Generalsekretär Christian Scherrer sprach gar von einer «Erpressung» durch die FIS. Eliasch sagt, der ÖSV habe sich für diesen Weg entschieden – das müsse man akzeptieren. Gleichzeitig warnt er: «Es ist immer besser, bei einem solchen Projekt dabei zu sein. Das hat sich immer als richtig erwiesen.»