Ein Geschwisterpaar treibt Sport. Die Schwester, das merkt man sofort, ist ein riesiges Talent. Also muss ihr jüngerer Bruder mindestens so talentiert sein! Es ist ein üblicher Reflex. Im Fall von Lara Gut-Behrami (32) und Ian Gut (28) war es nicht anders, sie bildeten seit ihrer Kindheit das «Team Gut» mit Vater und Trainer Pauli, dazu Mutter Gabrielle.
Bloss: Während Lara Gut-Behrami zu einer der grössten Schweizer Skifahrerinnen aller Zeiten avancierte, machte ihr Bruder keine grossen Schlagzeilen. «Das macht nichts. Ich habe mehr als zehn Jahre genau das gemacht, was ich machen wollte. Ich habe viel erlebt und viele Menschen kennengelernt. Nun aber ist Schluss, ich öffne ein neues Kapitel in meinem Leben.»
«War oft zu kritisch mit mir»
Ian Gut tritt mit 28 Jahren zurück. Nicht, weil er sich verletzt hat, sondern weil er nicht mehr mag. «Ich bin in den letzten Wintern nicht vorwärtsgekommen und sehe kein grosses Potenzial mehr», sagt er. Bis zum Ende der Saison 2017/18 gehörte Gut den Kadern von Swiss-Ski an, danach wechselte er zum liechtensteinischen Skiverband und war zwischendurch auch mit dem Global Racing Ski Team unterwegs.
Im Oktober bestritt der Riesenslalom-Spezialist beim Saison-Auftakt in Sölden sein letztes von insgesamt drei Weltcuprennen. «Viele Kleinigkeiten haben nicht mehr gestimmt, und ich verlor nach und nach das Selbstvertrauen. Andere können mit Rückschlägen besser umgehen. Ich war während meiner ganzen Karriere sehr kritisch mit mir – oft zu kritisch.»
Berühmte Schwester öffnete auch Türen
In ein Loch dürfte Gut nun kaum fallen. Er hat die Handelsschule gemacht, dazu die Berufsmaturität. Nun will Gut als Kondi-Trainer durchstarten. «Derzeit mache ich ein Praktikum beim HC Lugano. Es gefällt mir sehr.»
Bleibt die Frage: Hat er das Gefühl, dass die Bekanntheit seiner Schwester ihm als Skirennfahrer geschadet oder eher genützt hat? «Ich hatte dank ihr Möglichkeiten, die es sonst nie gegeben hätte. Andererseits setzte sie durch ihre Resultate die Latte sehr hoch – egal, wo ich war, ich war bekannt. Es gab also Vor- und Nachteile.»