Auf einen Blick
- Marco Odermatt gewinnt Gold im Super-G bei der Ski-WM
- Odermatt fährt mit einer Sekunde Vorsprung zur Goldmedaille
- Erst vierter Athlet mit Weltmeistertiteln in Abfahrt, Riesenslalom und Super-G
Nachdem Stephanie Venier (31) in sensationeller Manier im Frauen-Super-G Gold gewonnen hat, spucken die Österreicher auch vor dem ersten Männerrennen dieser WM grosse Töne. Insbesondere ORF-Ski-Experte Armin Assinger (60, 4 Weltcupsiege) hält sich nicht zurück: «In den letzten Jahren hat man vor solch grossen Rennen die Frage nach dem Topfavoriten immer mit Marco Odermatt beantwortet. Doch das ist diesmal anders.»
Das Feld mit den Favoriten sei dieses Mal viel breiter und Odermatt aktuell gar nicht mehr so überlegen. Und Assinger weiter: «Ich habe irgendwie das Gefühl, dass unser Stefan Babinsky gewinnt.» Jetzt ist klar: Assinger hat in einem Atemzug zwei Fehlprognosen für den Super-G der Herren abgeliefert.
Anstelle von Babinsky (Rang 6) ist es der Tiroler Raphael Haaser, der für die Gastgeber die zweite Medaille bei diesen Weltmeisterschaften holt. Und der in Assingers Augen nicht mehr ganz so überragende Odermatt fährt mit einem Vorsprung von einer Sekunde die Goldmedaille ein!
Die Basis für Gold legte Odermatt in Kitzbühel
Damit ist der Nidwaldner nach Pirmin Zurbriggen, Hermann Maier und Bode Miller erst der vierte Athlet, der sich als Abfahrts-, Riesenslalom- und Super-G-Weltmeister bezeichnen darf. «Nachdem mir bei der letzten WM die perfekte Abfahrt gelungen ist, habe ich diesmal sehr wahrscheinlich meine beste Leistung im Super-G abgeliefert», meint der Nidwaldner mit einem breiten Grinsen. Dann macht der dreifache Gesamtweltcupsieger deutlich, dass er nie wirklich daran gezweifelt hat, dass dieser Tag ein Happy End beinhaltet: «Ich war vor diesem Rennen überhaupt nicht nervös. Ich habe genau gewusst, dass hier vieles möglich ist, wenn ich meinen Plan voll durchziehe.»
Odermatts Trainer Helmut Krug hat das Rennen aufgrund von starken Hüftbeschwerden nicht an der Rennstrecke in Hinterglemm, sondern zu Hause vor dem Fernseher mitverfolgt. Für Krug steht fest, dass sein Schützling vor zwei Wochen mit dem verpassten Sieg bei der Hahnenkamm-Abfahrt die Basis für diese Goldmedaille gelegt hat: «Der Abfahrtssieg auf der Streif war ja vor diesem Winter das grösste Ziel von Marco. Aber dann hat er nach seinem Triumph beim Kitzbühel-Super-G bemerkt, dass er für sein ursprüngliches Vorhaben auf dieser berüchtigten Abfahrt nicht die nötige Körperspannung und Energie aufbringen kann.»
Dass Odermatt dann nicht mit dem Kopf durch die Wand wollte, ist für Krug ein besonderer Beleg für die Einzigartigkeit Odermatts. «Die meisten anderen Rennfahrer hätten in dieser Situation wohl trotzdem alles riskiert. Doch Marco ist eben nicht nur ein genialer Skifahrer, er ist auch besonders intelligent. Um vor der WM keine Verletzung zu riskieren, ist er auf der Streif nicht ans Limit gegangen. Das hat sich nun in Saalbach bezahlt gemacht. Ich verneige mich vor dieser Reife.»
Das entscheidende Gen hat Odermatt von seinem Grosi
Weil Odermatt auch ein herausragender Teamplayer ist, teilt er die Lorbeeren gerne mit der Crew von seinem Ski-Ausrüster Stöckli: «Ich habe schon beim dritten Tor bemerkt, dass mein Setup absolut perfekt passt. Ich konnte damit machen, was ich wollte, es hat alles perfekt funktioniert. Es ist alles so spielerisch gelaufen, dass ich noch nicht einmal das Gefühl hatte, voll am Limit zu sein.»
Die Analyse von Olympiasieger Beat Feuz klingt ein bisschen anders: «Bei den Schlüsselstellen, wo die anderen Athleten ein bisschen zurückgezogen haben, hatte Marco eben den Mut, um voll durchzuziehen.» Vater Walti Odermatt ist überzeugt, «dass Marco diesen Mut und die Coolness von der Familie der Grossmutter geerbt hat. Meine Mutter hiess ledig Frank und ist mit elf Geschwistern aufgewachsen. Einige der Frank-Kinder waren als mutige und nervenstarke Bergsteiger bekannt und haben sich auch als Unternehmer einen Namen gemacht.»
Am Sonntag könnte Marco Odermatt mit dem zweiten Abfahrts-WM-Titel in Folge ein weiteres spezielles Kapitel Ski-Geschichte schreiben. Blick-Experte Bernhard Russi (76) war der letzte Abfahrer, der 1972 seinen Weltmeistertitel in der Königsdisziplin verteidigen konnte. Im Gegensatz zur heutigen Zeit wurden die Alpinbewerbe bei den Olympischen Spielen damals gleichzeitig als WM gewertet.