Marco Odermatt ist Olympiasieger im Riesenslalom und amtierender Weltmeister im Riesen und in der Abfahrt. Aber ausgerechnet im Super-G, wo er 2019 seinen ersten von 44. Weltcupsiegen eingefahren hat, steht der vierfache Schweizer Sportler des Jahres noch ohne Medaille von Welttitelkämpfen da. Es gibt jedoch vier klare Gründe, warum der 27-jährige Ausnahmekönner in Saalbach-Hinterglemm die Goldmedaille im Super-G gewinnen wird.
Die Strecke
Dass die Super-G-Strecke am Zwölferkogl dem Nidwaldner sehr gut liegt, hat sich bereits im März 2021 bewahrheitet – damals triumphierte Odermatt beim Weltcup in Saalbach-Hinterglemm sechs Zehntel vor dem Franzosen Matthieu Baillet und Lokalmatador Vincent Kriechmayr. Als im Vorjahr auf dieser Piste der Weltcup-Final ausgetragen wurde, hat der dreifache Gesamtweltcupsieger als Fünfter das «Stockerl» zwar verpasst. Doch das war einzig auf die Tatsache zurückzuführen, dass er bei den frühlingshaften Temperaturen mit der Startnummer 15 eine Piste vorgefunden hatte, die bereits arg ramponiert war. Letztendlich belegten in diesem Rennen mit Stefan Rogentin (6), Loic Meillard (4) und Arnaud Boisset (5) drei Schweizer mit vorderen Nummern die Ränge eins, zwei und drei.
Der Schnee
Im Gegensatz zum letzten Weltcupfinal wird die Startnummer beim WM-Super-G keine grosse Rolle spielen, weil sich die gleichmässig präparierte Piste in einem perfekten Zustand präsentiert. «Für mich ist Marco im Super-G auch deshalb der absolute Top-Favorit, weil er hier genau den Schnee vorfindet, den er am liebsten mag», sagt der Südtiroler Speed-Oldtimer Christof Innerhofer (40, Super-G-Weltmeister 2011). Der Schnee im Salzburgerland ähnelt dem «Powder» auf der «Birds of Prey» in Beaver Creek (USA), wo Odermatt in den letzten sechs Jahren dreimal den Super-G gewinnen konnte.
Der Kurssetzer
Dass bei der Auslosung zum Super-G-Kurssetzer ausgerechnet Österreichs Speed-Cheftrainer Sepp Brunner gezogen wurde, kann uns Schweizern sehr recht sein. Klar: Brunner, der einst als Swiss-Ski-Coach Beat Feuz, Carlo Janka und Daniel Albrecht zu Weltklasse-Athleten geformt hat, wird einen sehr anspruchsvollen Lauf für Vincent Kriechmayr setzen. Marco Odermatt wird er damit aber nicht einbremsen können, denn: Je anspruchsvoller ein Kurs ist, umso besser ist das für den genialen Techniker aus Buochs.
Der Umgang mit dem Druck
Abfahrts-Olympiasieger Beat Feuz hat vor der Anreise nach Saalbach-Hinterglemm Vincent Kriechmayr als besonders heissen Widersacher von Odermatt gehandelt. «Der Vinc ist immer dann besonders gefährlich, wenn kaum jemand mit ihm rechnet. Und nachdem Kriechmayr bei seinem Ziel-S-Sturz in Wengen eine starke Innenbandzerrung erlitten hat und auf Kitzbühel verzichten musste, gibt es nicht viele, die ihm eine Medaille zutrauen. Und somit kann er ohne grossen Erwartungsdruck angreifen.» Doch durch das erste Training zur WM-Abfahrt hat sich die Ausgangslage verändert – weil Kriechmayr am Mittwoch die zweitbeste Zeit aufgestellt hat, erwartet ganz Österreich vom Bauernsohn aus der Region Linz auch im Super-G einen Exploit. Ob der sensible Kriechmayr damit umgehen kann, ist tatsächlich fraglich. Odermatt hat dagegen schon x-Mal bewiesen, dass er in den heftigsten Druckphasen am stärksten ist.