Abfahrts-Hoffnung Corinne Suter (30) ganz privat
«Arnold Schwarzenegger war immer mein Vorbild»

Macht sie es schon wieder? Corinne Suter ist die Frau für Grossanlässe. WM-Gold, Olympia-Gold, insgesamt fünf WM-Medaillen in zehn WM-Rennen. Aber wie tickt das Schweizer Speed-Ass eigentlich? Sie erzählt von ihrem Leben auf und neben der Piste.
Publiziert: 00:01 Uhr
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Aktualisiert: 00:21 Uhr
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Corinne Suter: Ihr Fokus ist voll auf die WM gerichtet.
Foto: Sven Thomann

Auf einen Blick

  • Corinne Suter spricht über Comeback, Tierbegegnungen und Zukunftspläne
  • Suter bewundert Arnold Schwarzenegger und liest gerne inspirierende Biografien
  • In neun WM-Rennen holte sie fünf Medaillen, 2021 wurde sie Abfahrts-Weltmeisterin
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Mathias GermannReporter Sport

Für Michelle Gisin ist klar: «Corinne Suter ist meine Favoritin auf Gold!» Die WM-Bilanz der Schwyzerin ist beeindruckend: In zehn Rennen holte sie fünf Medaillen, 2021 wurde sie Weltmeisterin in der Abfahrt. Klappts auch in Saalbach (Ö)? Im Interview mit Blick spricht sie über die Rückkehr nach dem Kreuzbandriss, Arnold Schwarzenegger, tierisch schöne und angsteinflössende Begegnungen und sagt, warum die 30-Jährige eines Tages ein Gartenhaus bauen will.

Für Michelle Gisin (l.) ist Corinne Suter (r.) die Gold-Favoritin.
Foto: Sven Thomann

Blick: Corinne Suter, Sie sind Olympiasiegerin, Weltmeisterin und haben beide Speed-Kugeln gewonnen. Was treibt Sie noch an?
Corinne Suter: Die Freude am Sport, nach wie vor. Während der letzten Monate nach meiner schweren Knieverletzung wurde mir bewusst, wie sehr ich das Skifahren vermisse oder sogar brauche. 

Sind Sie hungriger als früher?
Ja, definitiv. Ohne Skifahren kann ich nicht leben – zumindest nicht momentan. Meine Erfolge der Vergangenheit sind schön, sie gehen aber vergessen. 

Das stimmt doch nicht.
Viele Leute sehen mich anders – ich werde mehr angesprochen. Aber für mich persönlich ändert sich wenig. Schon am Tag nach einem Sieg blicke ich wieder nach vorne. Ich bin kein anderer Mensch, weil ich eine Goldmedaille gewonnen habe.

Als Kind wollten Sie in der Schule stets einen Sechser machen. Begleitet Sie der Perfektionismus bis heute?
Diese Akribie kann sehr hilfreich, aber auch mein grösster Gegner sein. 

Warum?
Irgendwann kann man sich in der Detailversessenheit verlieren und über Dinge studieren, die nicht relevant sind. Ich muss also lernen, auch mal loszulassen. Dabei hilft mir mein Freund Angelo sehr. Er fragt mich manchmal: «Warum studierst du wieder herum?» 

Sehen Sie nach einem Rennen eher das Schlechte als das Gute?
Ich bin tendenziell mit mir selbst sehr kritisch. Im Ziel überlege ich mir jeweils relativ schnell, was ich hätte besser machen können. Die Einsicht, dass andere auch Fehler machen, half mir ein wenig.

Lara Gut-Behrami hat nach ihrem Kreuzbandriss 2017 gesagt, ihr Körper habe Stopp gesagt. Sprich: Die Verletzung war kein Zufall. Wie war es bei Ihnen?
Ich habe schon auch das Gefühl, dass ich so eine Pause gebraucht habe. Die Saison bis zu jenem Tag in Cortina war nicht einfach gewesen. Und ganz ehrlich, ich hatte am Start des Rennens kein gutes Gefühl …

Trotzdem fuhren Sie los.
Heute würde ich es nicht mehr tun. 

Sie stammen nicht wie viele andere Ski-Profis aus einer Skifamilie. War das gut oder schlecht?
Ich habe das grosse Glück, dass mich nie jemand unter Druck gesetzt hat. Meine Eltern haben mich nie gepusht, die Sportschule zu besuchen oder Skirennfahrerin zu werden. Alles geschah aus eigenem Antrieb mithilfe der Familie.

Sind Sie süchtig nach Adrenalin?
Süchtig ist ein starkes Wort.

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«Ich habe am Abend vor Rennen auch schon Fondue gegessen»
Corinne Suter über ihre Ernährung
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Sie donnern mit 130 km/h den Berg runter, Bungee- und Fallschirmspringen haben Sie auch schon gemacht.
Ich hoffe, dass ich im Alter etwas ruhiger werde (lacht). Mein Motto ist: Alles geschieht aus einem bestimmten Grund. Irgendwann öffnen sich andere Türen, und ich werde dieses Adrenalin nicht mehr in gleicher Form brauchen.

Vor fünf Jahren in Thailand hätten Sie auf einen Schockmoment verzichten können …
Mein Freund Angelo und ich haben einen Tauchkurs gemacht, danach ging es ins Meer. Ich habe mir nichts überlegt, als ich einen Triggerfish gleich vor mir gesehen habe – da bin ich ziemlich erschrocken.

Seither schnorcheln Sie nur noch.
Aber ich würde gerne wieder tauchen gehen. Und zum Beispiel einen Haifisch sehen, vielleicht in einem Käfig. 

2023 hatten Sie in Sri Lanka auch eine tierische Begegnung. Mit Ihrem Lieblingstier, oder?
Es war unsere letzte Safari-Tour, und ich habe dem Fahrer gesagt: «Wir fahren erst zurück, wenn ich einen Leoparden gesehen habe – und wenn es zehn Stunden dafür dauert.» Alle haben mich ausgelacht, denn ich war wie ein typischer Tourist. Auf dem Heimweg ist es dann passiert – der Leopard war auf einem Baum und kletterte genau in diesem Moment runter. Vor lauter Aufregung habe ich nur den Boden gefilmt (lacht)

Sri Lanka ist auch berühmt für seine Currys.
Es gibt kaum etwas, was ich lieber esse. Gerne auch sehr scharf. 

Würden Sie es auch vor der WM-Abfahrt essen, falls es das Hotel anbieten würde?
Sicher. Ich habe am Abend vor Rennen auch schon Fondue gegessen. Da bin ich nicht so strikt. 

Gilt das auch für den Morgen?
Ich schaffe es an Renntagen nicht, viel zu essen. Darum nehme ich immer mein eigenes Müesli, das sehr nahrhaft ist, mit. Es hat Haferflocken, Nüsse, Früchte und hält bis mittags satt.

Im Sommer waren Sie in Paris beim Olympia-Final im Tennis.
Ich hatte drei Stunden lang Hühnerhaut. Die Stimmung war so krass, einfach genial. Im Fernsehen kommt das nicht so rüber. Es war toll.

Welche Rolle spielen die Fans im Ski?
Wenn man in ein Zielstadion reinfährt und sie hört und sieht, ist das wunderbar. Aber am Berg bin ich alleine – das ist ganz anders beim Skifahren und etwas schade. Im Gegensatz zu anderen Sportarten kann man die Energie der Menschen nicht wirklich aufsaugen.

Sie gelten als extrem kräftig – wie sehr half Ihnen das während der Reha im Sommer?
Ich baue schnell Muskeln auf, das liegt wohl in den Genen. Und ich bin sehr froh darüber, denn letztlich schützen sie die Sehnen und Knorpel. 

Sie bewunderten Arnold Schwarzenegger.
Er war immer mein Vorbild. Ich habe zuletzt gehofft, ihn in Bever Creek zu sehen. Er hat, glaube ich, eine Wohnung dort. Leider habe ich ihn nicht getroffen.

Was fasziniert Sie an Schwarzenegger?
Er hat immer an seinen Traum geglaubt und schaffte es trotz ungünstiger Voraussetzungen nach oben – er wurde Mister Universum, Hollywoodschauspieler und Gouverneur von Kalifornien. Und das als Österreicher aus einem kleinen Dorf. Solche Geschichten inspirieren mich.

Verbinden Sie das mit Ihrem Lebensweg?
Wenn ich teilweise junge Skirennfahrer sehe, mit welchem Material und Unterstützung sie bereits unterwegs sind, habe ich auch einmal daran gedacht, wenn das bei mir der Fall gewesen wäre … Aber gleichzeitig wüsste ich nicht, ob ich dann auch gelernt hätte, so durchzubeissen und zu kämpfen, wie ich es nun mache. Wie bei Schwarzenegger wurde auch mir nicht alles in die Wiege gelegt.

Sie haben auch die Biografie von Mike Tyson gelesen.
Ich mag solche Geschichten. Tyson stand – bei allen Fehlern, die er gemacht hat – immer wieder auf und schaffte es letztlich, erfolgreich in seinem Sport zu sein. 

Carlo Janka, Aksel Svindal, Anna Veith und Lindsey Vonn haben auch Biografien herausgegeben.
Ich habe alle gelesen (lacht)

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«Nur mitfahren? Das wäre nicht ich»
Corinne Suter über ihre weitere Profi-Karriere
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Wie würde Ihre Autobiografie eines Tages heissen?
(Überlegt lange.) Vielleicht wäre das Wort «Traum» im Titel. Denn ich finde, man sollte nie aufhören, zu träumen. Ich habe nach Cortina viele Nachrichten via Social Media von jungen Menschen erhalten, die geschrieben haben, dass mein Weg ihnen viel Mut machen würde. Das brachte mich zum Nachdenken und bedeutet mir sehr viel.

Sind Sie talentiert mit Hammer und Bohrer in der Hand?
Warum meinen Sie?

Wir haben erfahren, dass Sie gerne ein Gartenhäuschen bauen würden, um dort Ihre Medaillen, Pokale und Startnummern auszustellen.
Es wäre megaschön, wenn das eines Tages klappen würde. Schon als Kind habe ich alle Medaillen aufgehängt in meinem Zimmer. Irgendwann wurden sie dann in Schachteln gepackt und seither sind sie auf dem Dachboden. Das ist einfach schade. Da kam mir der Gedanke, ein kleines Häuschen zu zimmern. Dort könnte Angelo mit seinen Kumpels dann auch gemütlich Sport im TV schauen – er fände es auch super (lacht).

Vonn ist nicht nur Ihre Freundin, sondern hat mit 40 Jahren ein starkes Comeback gegeben. Könnten Sie sich vorstellen, in diesem Alter noch Skirennen zu fahren?
Nein. Der Ski-Zirkus ist schön, braucht aber viel Energie. 

Zu viel für eine so lange Karriere?
Ich könnte nie nur mitfahren – das wäre nicht ich. Darum mache ich lieber alles intensiv, dafür ist dann aber auch wahrscheinlich etwas früher Schluss. 

Haben Sie Angst, in ein Loch zu fallen?
Nein. Wie erwähnt: Im Sport bin ich oft auch etwas negativ, weil ich immer besser sein möchte. Aber im anderen Leben bin ich ein sehr positiver Mensch – das würde mir nach der Karriere sicher zugutekommen. Sicher ist: Ich werde nie einfach herumsitzen, sondern brauche Ziele, die ich verfolgen kann. 

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