Matthias Aeschbacher (30) erlebte am Montagmorgen ein böses Erwachen. «Es tat mir alles weh.» Eine Zerrung am Oberschenkel, heftiger Muskelkater und die Patellasehne quälten den Zwilchhosen-Barbarossa am Tag nach der Schlussgang-Pleite gegen Joel Wicki.
Es waren aber nicht nur die Schmerzen, die den Berner Eidgenossen auf Trab hielten. Auch sein zweijähriger Sohn forderte den 1,91-Meter-Mann heraus: «Ausgerechnet am Montag liess er den Mittagsschlaf sausen und wollte mit mir spielen», erzählt der Maurer am Telefon. Freundlicherweise sprang ihm seine Ehefrau zur Seite, übernahm trotz Müdigkeit die Unterhaltung des Kleinen und ermöglichte ihrem Schatz eine wertvolle Stunde Schlaf.
Während die körperlichen Beschwerden von Tag zu Tag kleiner werden, bleiben die mentalen Narben gross. Gleich mehrfach fehlten nur wenige Zentimeter zum Königstitel. «Diese Szenen poppen in meinem Kopf immer wieder auf.» Besonders bitter: Wicki hatte bei seinem Siegeswurf keinen Griff.
VAR? Aeschbacher setzt Bedingungen
Der Emmentaler erfuhr erst am Sonntagabend um ca. 22:00 Uhr vom Fauxpas der Verantwortlichen. «Klar hat es mich geärgert, aber wäre die Kamera etwas anders gestanden, hätten wir keine Diskussionen und schliesslich hätte ich mit dem VAR wohl nicht einmal im Schlussgang gestanden.»
Trotzdem Grund genug, um die Einführung des Zwilchhosen-VAR zu fordern? «Grundsätzlich bin ich dagegen, sollte er jedoch tatsächlich kommen, dann bitte nur an eidgenössischen Anlässen.» Eine weitere Bedingung sieht Aeschbacher als essenziell an: «Jeder Ring müsste mit Kameras ausgestattet werden, da die Kranz-Entscheidungen auf vielen verschiedenen Plätzen stattfinden.»
Auch Pirmin Reichmuth (26) wurde Opfer eines Fehlentscheids. Dieser warf den Innerschweizer im zweitletzten Kampf aus dem Königs-Rennen. Obwohl der 1,98-Meter-Riese Bernhard Kämpf auf dem Rücken legte, verliess er das Sägemehl als Verlierer. Die sicher geglaubte Schlussgang-Teilnahme war futsch. «Der Fehler des Kampfrichters beschäftigt mich nach wie vor, es wird eine Weile dauern, bis ich damit abschliessen kann.»
Insbesondere beim Anblick des Siegermunis spielt der Kopf des Innerschweizers nach wie vor verrückt: «Es kommen Gedanken wie: ‹Verdammt! Ich war derart nahe dran.›»
Party bis am Montagmorgen
Einen ersten Anlauf, um den Kopf freizubekommen, startete der Eidgenosse kurz nach Wettkampfende. «Vom Sonntag auf den Montag waren wir bis am Morgen um sechs Uhr unterwegs. Endlich hatten wir Zeit, ein paar Bierchen zu trinken.»
Nach der langen Party-Nacht liess es der ehemalige Metzger, der mittlerweile als Physiotherapeut arbeitet, ruhiger angehen. Was auch seiner körperlichen Verfassung geschuldet war: «So schlimme Knieschmerzen wie bis und mit Dienstag hatte ich noch nie. Auch die Schulter und das Genick haben geschmerzt.» Die Gründe dafür sind vielseitig, wie Reichmuth lachend erklärt: «Es ist ein Mix aus der Belastung, Schlafmangel und Alkohol.» Zwei Wellness-Besuche später fühlte sich der Modellathlet bereits wieder deutlich besser.
Dass sich auch Aeschbacher eine ganze Woche erholen konnte, verdankt er seinem Chef. Dieser machte dem 77-fachen Kranzgewinner ein spezielles ESAF-Geschenk. «Eigentlich hätte ich am Mittwoch wieder auf der Baustelle stehen müssen, aber mein Vorgesetzter gab mir die Woche spontan frei», sagt Aeschbacher. Damit blieb ihm genügend Zeit für die Familie, Medientermine und verschiedenste Kranz-Feiern.