Übrigens – die Blick-Kolumne
Das bewegte Leben der Oberschwingerin

Franziska Ruch will das Frauenschwingen voranbringen. Inspiriert worden ist sie einst von Christian Stucki. Die Kolumne von Reporter Felix Bingesser.
Publiziert: 01.09.2024 um 10:23 Uhr
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Aktualisiert: 01.09.2024 um 14:47 Uhr
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Franziska Ruch kehrte nach einer Pause von zehn Jahren in den Schwingsport zurück.
Foto: AFP
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Felix BingesserReporter Sport

Am letzten Wochenende ging in Sitten der Eidgenössische Nachwuchsschwingertag über die Bühne. Integriert in diesen Anlass war auch das letzte grosse Fest der Frauen. 

Die 27-jährige Luzernerin Isabel Egli gewinnt das Fest und gleichzeitig die Jahreswertung. Was ihr den Titel Schwingerkönigin 2024 einbringt. In den Medien ist das eine Randnotiz. «Der Gabentempel bei den Jungschwingern war üppiger als derjenige bei den Frauen. Das zeigt symbolhaft, wo wir dem Frauenschwingen stehen», sagt Franziska Ruch. 

Die 42-jährige Ruch ist Präsidentin des Eidgenössischen Frauenschwingverbands und aktive Schwingerin. Sie klassiert sich im Wallis auf dem zweiten Platz. Und dies trotz einer maximal ungünstigen Vorbereitung.

Aufgrund ihrer Krebserkrankung muss Ruch im Vorfeld des Fests eine zehntägige Chemotherapie über sich ergehen lassen und kann kein Training besuchen. Nicht zuletzt dank ihren Gardemassen (1,91 m, 110 kg) kann sie trotzdem an der Spitze mithalten. «Und die Ärzte haben mir gesagt, ich solle das tun, was mir guttut. Schwingen tut mir gut. Und ich bekomme auch meine Krankheit in den Griff», sagt sie.

Stucki war ihr Partner – und brachte sie zum Schwingen

Die Geschichte von Ruch, die mit ihren drei Kindern und ihren Hühnern in einem alten Bauernhaus im Berner Oberland daheim ist, ist bewegt und bewegend. Zum Schwingsport kommt sie durch Christian Stucki. Stucki ist damals ihr Lebenspartner. Ruch verzweifelt jeweils an den Schwingfesten, weil sie den Eindruck hat, ihr Freund schöpfe sein riesiges Potenzial nicht aus. «Dann mach es doch selber, wenn du es besser kannst», sagt der leicht genervte Stucki eines Tages. Und Ruch macht es.

Doch ein Kreuzbandriss und private Turbulenzen kommen ihr in die Quere. Auf den 23. August 2008 ist die Hochzeit mit Stucki geplant. Doch der spätere Schwingerkönig bekommt drei Monate vor dem Termin kalte Füsse. Die Beziehung zerbricht. Ruch lernt einen anderen Mann kennen, wird dreimal Mutter und lässt den Schwingsport für zehn Jahre auf der Seite.

Aber jetzt ist die Powerfrau wieder zurück. Sie hat ihr zweites Comeback gegeben. Und sich parallel dazu der Wahl als Präsidentin des Eidgenössischen Frauenschwingverbands gestellt. Ihre Mission: das stiefmütterlich behandelte Frauenschwingen endlich vorwärtsbringen, ihm mehr Sichtbarkeit geben.

Ruch ist immer auf Achse

«Die Corona-Pandemie hat uns zurückgeworfen. Jetzt werden die nächsten zwei Jahre zeigen, ob es uns gelingt, den Frauen-Schwingsport auf breiter Basis in der Schweiz zu etablieren», sagt Ruch.

Der Schwingsport boomt in den letzten zwanzig Jahren zwar enorm. Aber den Frauen bleibt weiterhin nur ein Mauerblümchendasein. Das will Ruch ändern und wirbelt an vielen Fronten. Auch eine engere Verzahnung mit dem Eidgenössischen Schwingerverband wird diskutiert.

Neben ihrem Beruf, den sie in einem 80-Prozent-Pensum bewältigt, führt Ruch noch eine Massagepraxis. «Dann kommen noch meine drei pubertierenden Kinder, die alle auch schwingen, dazu», sagt sie lachend. Obendrauf kommen noch die Mitgliedschaft im Turnverein, in der Trychlergruppe, das Verbandspräsidium und ihre Aktivkarriere im Sägemehl. Die Frau ist auf Achse. Beim Jubiläumsschwingfest in Appenzell in einer Woche ist sie als Gast eingeladen. Und wird bei diesem Grossanlass einmal mehr erkennen, wie weit ihr Weg mit dem Frauenschwingen noch ist. Entmutigen lässt sie sich aber nicht.

Das hat nicht einmal der Krebs geschafft.

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