Joel Strebel (27) kann nicht mehr hinsehen. Der Eidgenosse schaltet den Fernseher aus. Soeben ist Domenic Schneider am Nordostschweizer Schwingfest umgeknickt. «Das schmerzt mich zu sehr», erklärt er. Strebel liegt im Spital. Drei Tage zuvor flickten die Ärzte sein gerissenes Kreuzband.
Der Unfall passierte Anfang Juni auf dem Stoss. Nach dem besten Saisonstart seiner Karriere. Strebel gewann drei Kranzfeste, war in der Form seines Lebens. Bis es ihm im vierten Gang gegen Werner Schlegel in der Wade zwickt. «Es fühlte sich an wie ein Krampf.» Dank des Physios schien Strebel für den fünften Kampf wieder fit zu sein. «Dann hat es zweimal geklöpft.»
Schwieriger Moment am Empfang
Strebel humpelte zum Platzarzt. Der fasste das Knie nicht an. Sagte nur, es sei wohl etwas Muskuläres. «Da wurde ich richtig wütend.» Strebel knallte die Tür hinter sich zu. «Als Arzt kannst du nicht einfach nichts tun», erklärt er gut zwei Monate später. Der Freiämter brach den Wettkampf ab, hoffte auf eine kleinere Verletzung.
Am Tag darauf der Schock: Kreuzbandriss. «Der schlimmste Moment war jener, als ich am Empfang stand und sie mir alle Medikamente verschrieben. Da hätte ich losheulen können.» Die Tränen kamen im Auto. Strebel fuhr direkt zu seinem langjährigen Athletiktrainer und Freund Tommy Herzog. Dieser führte einst Christian Stucki zum Königstitel. Herzog versuchte, ihn aufzubauen. Sagte ihm aber auch klipp und klar: «Ein Kreuzbandriss bedeutet ein Jahr Pause.»
Ein schmerzhafter Besuch
Bevor Strebel mit der Reha beginnen kann, musste der Landschaftsgärtner zweieinhalb Wochen auf seinen Operationstermin warten. «Eine sehr schwierige Zeit.» Besonders schmerzte ihn die verpasste Teilnahme am eigenen Teilverbandsfest sieben Tage nach seinem Unfall. «Ich habe gespürt, dass an diesem Wettkampf etwas möglich gewesen wäre.»
Vier Klubkollegen sicherten sich am Nordwestschweizer den Kranz. Am Abend gingen sie alle zusammen essen. «Die Kränze zu sehen und zu wissen, dass ich darauf lange warten muss, war richtig hart.» Trotzdem tat ihm die Ablenkung gut.
Familie fängt ihn auf
Die Operation verlief problemlos. Schlecht ging es ihm erst, als er drei Nächte später nach Hause kam. «Ich musste mich ständig übergeben.» Woran das lag, weiss Strebel nicht. «Vielleicht eine Reaktion auf die ungewohnte Situation.»
Zu Hause war sein grösster Gegner nicht das verletzte Knie, sondern die Langeweile. Ihm fehlte eine Tagesstruktur. «In dieser Zeit hat mich die Familie aufgefangen.» Auch wenn es nicht immer einfach sei mit ihm. «Sie brauchen viele Nerven», meint er lachend. «Mit der Zeit wirst du dünnhäutig, nervst dich ab gewissen Sachen schneller.»
Was ihm hilft, sind die Fortschritte. Inzwischen geht Strebel wieder ohne Krücken. Sein Sportphysiotherapeut Maarten Duijn ist zufrieden. «Im Moment muss ich ihn eher bremsen, weil er schon zu viel machen will», sagt der gebürtige Holländer, der auch Spitzenschwinger Pirmin Reichmuth bei dessen Kreuzbandrissen betreute.
Eine Aufgabe neben der Reha
Egal, mit wem man im Team Strebel spricht, alle betonen die positiven Seiten der Verletzung. «Wenn ich Ende Juni wieder einsteige, bin ich vielleicht frischer als die anderen, die schon einige Schwingfeste hinter sich haben.» Ein Vorteil im Hinblick auf das Eidgenössische Schwingfest Ende August.
Vorerst ist Strebel jedoch froh, wenn in zwei Wochen die Schwing-Saison zu Ende geht. «Dann ist es nicht mehr überall so präsent und erinnert einen stets daran, dass man da auch dabei sein könnte.» Aktuell liegt sein Fokus neben dem Aufbautraining auf der Bauernschule. «So habe ich eine Aufgabe. Das hilft mir.»