Die beeindruckendste Leistung an dieser Schwimm-EM in Budapest? Sie stammt nicht von den grossen Stars, es sind nicht die Medaillen oder Rekorde. Die beeindruckendste Leistung an der EM erbringt Yannick Käser. Gut zwei Wochen ist es erst her, da hat er eine erschreckende Diagnose verdauen müssen: Hodenkrebs!
«Die ersten paar Tage war ich geschockt», erzählt der 28-Jährige. «Von so etwas ging ich nicht aus. Ich bin ja gesund, sportlich, pflege einen gesunden Lebensstil. Und ich bin extrem jung für diese Erkrankung.»
Wenige Tage vor der Diagnose schlagen bei einem Dopingtest alle Alarmglocken. Das Ergebnis ist positiv. «Auch das war ein Schock», sagt der mehrfache Schweizermeister. Zumal der Fricktaler weiss, dass es nicht möglich ist. Schliesslich ist er sauber. Oder hat er irgendwie unwissentlich verbotene Substanzen zu sich genommen? Ruf und die Karriere sind urplötzlich in Gefahr.
Käser ist sauber, aber krank
Und die Gesundheit. Denn mit dem Ergebnis geht einher, dass medizinische Gründe die Ursache sein könnten. Die Untersuchungen starten unmittelbar. «Es war eine Lose-lose-Situation. Egal was rauskommt, das Ergebnis ist schlecht.» Es stellt sich heraus, dass er sauber ist, aber krank.
Doch Käser will kämpfen. Er ist ein Bauernsohn, hat vier Jahre eine US-Universität besucht und sich im Collegesport bewiesen. Aufgeben liegt nicht drin. Schnell nach der Diagnose stellt er klar, dass er an der EM trotzdem teilnehmen will und erhält grünes Licht der Ärzte.
Darüber zu sprechen bringt Erleichterung
Wenige Tage nach dem Schock wagt er via Instagram den Schritt an die Öffentlichkeit. «Es zu verstecken, hat mich belastet. Es hat gut getan, darüber zu sprechen.» Auch vor das Team steht er hin. «Es war sofort still. Das war unheimlich», blickt er zurück. Doch die Unterstützung von Teamkollegen, Trainern, Familie und Freundin – ja von seinem gesamten Umfeld – ist ihm gewiss.
Fünf Tage hat er zu kämpfen mit seinen Gedanken. Dann findet er langsam Abstand, richtet den Fokus auf die EM. Verdrängt vielleicht auch einiges. Die Ablenkung, auch diese Woche in Budapest, tut gut.
Mentale Belastung ist zu gross
Doch die mentale Belastung ist wohl doch zu gross. «Ich habe zwar das Gefühl, es im Griff zu haben mental. Aber es war wahrscheinlich doch erschwert», sieht er ein. Auch wenn er absolut keine Schmerzen verspürt, körperlich nicht eingeschränkt ist, will es im Wasser nicht laufen für den Schweizer Rekordhalter über 100 und 200 m Brust.
Er verpasst die Olympiaselektion im Einzel. Und auch in der Lagen-Staffel findet Käser, der schon in London und Rio bei Olympischen Spielen dabei war, keinen Platz.
Am Tag nach der Rückkehr von der EM ist der OP-Termin
Nach diesem Wochenende erwartet ihn die harte Realität ausserhalb des Schwimmbeckens. Am Tag nach seiner Heimkehr wird Käser operiert. Alle weiteren Schritte werden erst die Tests zeigen. «Mein Fokus liegt jetzt auf der EM. Über alles, was danach kommt, mache ich mir keine Gedanken.»
Immerhin: Käser hat beste Heilungschancen. Hodenkrebs sei gut behandelbar, sagt er. Und die Krankheit sei sehr früh erkannt worden. «Es gab auch sonst nicht Auffälliges bei den Untersuchungen. Von daher bin ich sehr positiv», sagt Käser. «Auch Spitzensport sollte in der Zukunft kein Problem sein.»
Die Chancen stehen gut, dass Käser weitere Möglichkeiten erhalten wird, um sein Können unter Beweis zu stellen. Die Einstellung eines echten Champions hat er so oder so bereits bewiesen.