Auch wenn Jolanda Neff (30) die Bedeutung der Trennung vor einigen Wochen von ihrem Trainer Josu Larrazabal (41) herunterspielt und zu Blick sagt: «Er hat in meinem Alltag nie eine Rolle gespielt.» Neff meint es in dem Sinn, dass der Spanier, der in ihrem Trek-Team Head of Performance ist, nie jemals bei ihren Trainingsfahrten über Stock und Stein dabei war und ihr lediglich die Trainingspläne geschrieben habe.
Doch diese Pläne waren für die Olympiasiegerin von 2021 zu stark aus dem Strassensport adaptiert. Und auch wenn Neff Larrazabal nur einmal persönlich getroffen hat und der Kontakt sonst online war: Seit der Trennung wirkt die Ostschweizerin befreit, ihre Krise aus dem Wochen des Saisonauftakts scheint überwunden. «Es geht mir besser, wenn ich mich selber um meine Sachen kümmere. Es ist nicht meine Art, dass mir ein Konzept alles vorgibt», sagt die St. Gallerin.
Neff trainierte früher immer ohne Coach
Die Form von Neff besserte sich vor der Sommerpause deutlich (Rang 6 in Val di Sole trotz Defekt), seit sie sich wieder selber coacht und wie früher auf die Tipps ihres Vaters Markus vertraut. «Ich fahre seit 25 Jahren ohne Trainer Velo, daher ist das nicht neu für mich», sagt sie lachend.
Neue Wege ging die Grande Dame des Schweizer Mountainbike-Sports hingegen bei der Vorbereitung auf die WM in Glasgow. Neff reiste vor dem Trainingslager mit Swiss Cycling in der Toskana noch für ein Extra-Training mit ihrer ganzen Familie eine Woche nach Crans-Montana.
Die St. Gallerin im Wallis – Neff geht fremd. «Für ein Höhentraining muss ich sowieso reisen», sagt sie. Absolviert sie es mit ihrem Trek-Rennstall und muss nach Spanien in die Sierra Nevada, ist es sogar eine Flugreise. «Ins Wallis fahre ich mit dem Auto und kann viel mehr Material mitnehmen.»
Der Trip nach Crans-Montana ist aber keine einmalige Sache für die WM in Glasgow, wo Neff am Donnerstag im Shorttrack und am Samstag im Cross-Country gegenüber Alessandra Keller (27), Sina Frei (26) und Co. ihren Status als Schweizer Nummer 1 bei Grossanlässen verteidigen will.
Crans-Montana als neue Trainingsbasis für die Heim-WM
Die Olympiasiegerin wird auch im Hinblick auf die Heim-WM 2025 künftig immer wieder im Wallis trainieren. So oft, dass sie nun zur Botschafterin des Tourismusorts und der WM wurde. Die «Üsserschwiizerin» macht Crans-Montana zu ihrer Trainingsbasis. «80 Prozent der WM-Strecke kann schon befahren werden. Und es gibt auch gute Rennradrouten», sagt Neff.
Doch zuerst will sie mit dem Walliser Boost Schottland rocken. Die Weltmeisterin von 2017 gewann 2022 an der WM Silber – und nun? Von Medaillen redet Neff nicht: «Ich will einfach das bestmögliche Rennen zeigen.» Gold-Favoritin ist indes Puck Pieterse (21, Ho), die in ihrer allerersten Profi-Saison mit schon drei Weltcupsiegen alles in Grund und Boden fährt.