Innerhalb von nicht einmal 24 Stunden vom gemeinsamen Trauern in den Rennmodus. Es ist ein grosser Spagat, den die besten Schweizer Radfahrer gerade bewältigen. Der Rahmen, den die Landesmeisterschaften in Wetzikon ZH dafür boten, half ihnen allerdings bei der Verarbeitung des Schocks nach dem tödlichen Unfall von Gino Mäder (†26) an der Tour de Suisse.
Marc Hirschi (24) setzte sich am Sonntag im Zürcher Oberland auf den 152 Kilometern hauchdünn durch und ist zum ersten Mal Schweizer Meister bei der Elite. «Es war für mich ein guter Wiedereinstieg, da er im familiären Rahmen stattfand», sagt der Berner. «Hier kennen alle einander, das hat geholfen.»
Harter Kampf bei 30 Grad
Das Rennen mitten am Sonntagnachmittag über sieben Runden bei 30 Grad war hart und spektakulär. Das neue Schweizer Rad-Team Tudor nutzte die numerische Überlegenheit aus und lag zeitweise mit mehreren Fahrern vorne. Hirschi gibt zu, zeitweise nicht mehr daran geglaubt zu haben, die Führenden noch aufzuholen. Erst auf den letzten Metern war Simon Pellaud (30) vom Tudor-Team geschlagen.
Noch am Samstag standen die Fahrer aus einem anderen Grund an der Startlinie in Wetzikon: für die geschlossene Gedenkfahrt hin zur Trauerfeier auf der offenen Rennbahn in Oerlikon. Hirschi blickt nach seinem Sieg zurück: «Für den Respekt für Gino war der Anlass mega schön und sehr emotional.»
Reusser bärenstark
Auch Marlen Reusser (31) sagt, dass der Gino Mäder gewidmete Samstag gut war, um den Schock zu verarbeiten. Obwohl es speziell gewesen sei, einen Tag nach dem Anlass zu starten, und dann noch am Morgen um 8.30 Uhr.
Trotzdem fuhr Reusser dominant zu ihrem dritten Schweizer Meistertitel im Strassenrennen. Ihre selbstbewusste Strategie über die 109 Kilometer ging auf. «Ich habe die Strecke nicht angeschaut», verrät sie bei der Siegerehrung. Auf den fünf Runden optimierte sie laufend ihre Fahrweise, bis sie vor der letzten Runde den entscheidenden Angriff setzte und noch über zwei Minuten auf die Konkurrenz herausholte.