Zwischen den Schweizer Mountainbike-Stars sprühen mal wieder die Funken: Nach Schurters Manöver an der WM 2021 revanchiert sich Flückiger im Juli 2022 beim Heim-Weltcup in der Lenzerheide. Die beiden crashen, Schurter schimpft: «Er hat mich einfach abgeschossen!» Danach gehts im Ziel hoch her, sogar eine Faust soll geflogen sein.
Schurter und Flückiger arbeiten sich damit in der Rangliste der grössten Schweizer Sport-Rivalitäten nach vorne. Blick nennt weitere bekannte Duelle:
Breu vs. Schmutz
Im Sommer 1981 fällt vielleicht einer der berühmtesten Sätze der Schweizer Sportgeschichte. «De Godi Schmutz, dä Sauhund», wird Beat Breu im Etappenziel der Tour de Suisse in Crans-Montana zitiert. Und weiter: «Dä Gottfried isch für mi gschtorbe.» Was ist passiert? Auf dem Weg nach Crans-Montana will Breu angreifen. Worauf Cilo-Teamkollege Schmutz behauptet, ihr Sportlicher Leiter hätte dies verboten. Eine Lüge. Breu glaubt sie, Schmutz attackiert kurz darauf selber und schlüpft ins Gelbe Trikot.
Danach ist fertig lustig: Breu tobt, die Rad-Schweiz ist gespalten. Während Monaten reden die beiden Fahrer nicht mehr miteinander. Die gute Nachricht: Der Streit ist längst beigelegt. Breu im Sommer 2021 zu Blick: «Man sollte bei der ganzen Rivalität nicht vergessen: Es war nur ein Velorennen, nichts Weltbewegendes!» Der Satz mit dem Sauhund übrigens sei so gar nie gefallen, sagen die beiden. Die einzige Sache, in der sie sich die ganze Zeit über einig waren.
Kübler vs. Koblet
Für Kenner ist klar: Gegen die Rivalität von Hugo Koblet und Ferdi Kübler, der Schweizer Weltklasse-Radfahrer der 1950er-Jahre, ist die Fehde von Breu und Schmutz ein laues Lüftchen. Die Frage «Kübler oder Koblet?» spaltete das Land. Auf der einen Seite die Anhänger von «Ferdy national», dem wahnsinnigen Arbeitstier aus Adliswil. Auf der anderen diejenigen von Hugo Koblet, dem Stadtzürcher «Pédaleur de charme», bekannt für seinen eleganten Fahrstil und seinen Schlag bei den Frauen.
Eine Glaubensfrage, auch wenn die beiden zumindest nach aussen die Sache herunterspielten. «Wir wussten, dass unsere Rivalität für beide Gold wert war. Jeder Sieg von Hugo spornte mich an, es noch besser zu tun», sagte Kübler einmal. «Wichtig war, dass es uns gab. Und zwar im gleichen Land zur selben Zeit.»
Peter Müller vs. den Rest der Schweiz
Abfahrts-Star Peter Müller wird 1987 in Crans-Montana Weltmeister. Doch so richtig freuen mag sich für den egoistischen Zürcher niemand im überragenden Schweizer Team. «Ich habe in unserem Team wirklich keinen gekannt, der sich mit ‹Pitsch› gut verstand», sagt der damalige Teamkollege Dani Mahrer im Januar 2021 im Blick.
Auch der spätere Abfahrts-Weltmeister Franz Heinzer ist kein Freund von Müller. «Ich war froh, wenn ich so wenig wie möglich mit ‹Pitsch› zu tun hatte.» Aber: Ohne Müller kein Erfolg. «‹Pitsch› hat in jedem Training die Latte wirklich unglaublich hochgelegt. Weil jeder von uns besser sein wollte als Müller, mussten wir immer an unsere körperliche Grenze gehen. Und das hat uns so stark gemacht.»
Figini vs. Walliser
Noch eine Ski-Rivalität aus den 1980er-Jahren: Bei den Frauen sind es Maria Walliser und Michela Figini, die sich zoffen. Bis eine aufhörte. «Auslöser für diesen blödsinnigen Streit war Michis Servicemann», so der damalige Frauen-Cheftrainer Jan Tischhauser später.
Nach seinem Wechsel aus Frankreich in die Schweiz wollte Tischhauser eine revolutionäre neue Bindung auch hierzulande etablieren, Walliser erzielte damit ausgezeichnete Resultate. Doch Figinis Servicemann sträubte sich, die Tessinerin stellte sich hinter ihren Kantenschleifer und forderte 1990 Tischhausers Abgang. Gehör fand sie nicht. Am Ende war es Figini, die ging.
Federer vs. Wawrinka
Normalerweise hält sich Mirka Federer dezent im Hintergrund. 2014 tut es die Gattin von Tennis-Maestro Roger Federer einmal nicht – und löst eine halbe Staatsaffäre aus. «Cry Baby!» ruft sie bei den ATP-Finals in London in die Richtung von Gegner Stan Wawrinka, als dieser sich beim Ref über Störgeräusche aus der Federer-Box beklagt. Der Romand ist stinksauer, noch in der Garderobe wird nach dem Spiel heftig diskutiert. «Es gab intern noch ein bisschen Probleme», sagt Federer-Coach Seve Lüthi 2020 darüber.
Bemerkenswert: Wenige Tage später holt das Duo Federer/Wawrinka in Lille den Davis Cup. «Es ist unglaublich, wie die zwei das gelöst haben. Am Sonntag im Zug nach Lille konnte Stan schon wieder darüber lachen. Beide haben dem Ziel alles untergeordnet.» Eine gewisse Distanz bleibt aber zwischen den beiden. So verzichtet Wawrinka 2019 auf einen Auftritt in Genf beim Laver Cup, Federers Baby, und spielt stattdessen lieber beim Turnier in St. Petersburg.
Abderhalden vs. Forrer
Die beiden Toggenburger Schwing-Grössen Jörg Abderhalden und Nöldi Forrer sind die längste Zeit dicke Freunde. Bis sie 2001 in Nyon im Schlussgang aufeinandertreffen. Forrer reicht ein Gestellter zur Krönung und nachdem er, ohnehin schon angeschlagen, sich nach den ersten Schlussgang-Minuten auch noch an der Rippe verletzt, schleppt er sich über die Runden und krönt sich zum Schwingerkönig.
Abderhalden nimmt ihm das übel. «Nyon hat unser zwischenmenschliches Verhältnis verändert», sagt er später zu Blick. «Wir waren bis dahin wirklich sehr gute Freunde. Dann hat mich Nöldi vom Thron gestossen. Und ich war nie ein guter Verlierer. Nöldi war dann zehn Jahre lang mein grösster Konkurrent, was sich nicht positiv auf unsere Freundschaft ausgewirkt hat.»
Kambundji vs. Del Ponte
Zwei Weltklasse-Sprinterinnen hat die Schweiz derzeit, mit der 4x100-m-Staffel nehmen Mujinga Kambundji (30) und Ajla Del Ponte (25) an der WM in Eugene (USA) diesen Sommer gemeinsam den nächsten Anlauf zu Edelmetall. Zwischenzeitlich aber gabs Wirbel. Der Grund: eine fiktive Anzeigetafel. Del Pontes Team tobt, als ein Foto von Kambundji (damalige 100-m-Bestzeit: 10,94) auftaucht, wo sie mit einer Tafel posiert, auf der 10,89 Sekunden aufleuchten – eine Hunderstel schneller als Del Pontes Schweizer Rekord. «Respektlos!», meint deren Trainer Laurent Meuwly.
Der Sprint-Coach, mittlerweile für die Holländer im Einsatz, interveniert bei seinem alten Verband. Der Verband entschuldigt sich, Kambundji versichert von Anfang an glaubhaft, nicht gewusst zu haben, hinter welcher Tafel sie posiert habe. Die hübsche Pointe folgt wenige Wochen später: Kambundji läuft an den Schweizer Meisterschaften Ende Juni neuen Schweizer Rekord – in exakt 10,89 Sekunden. Und die Schweiz hat nun offiziell zwei Frauen, die die 100 m in 10,90 oder schneller sprinten können.