Anfang August stockt den Zuschauern der ersten Etappe der Polen-Rundfahrt der Atem. Im Schlusssprint bei rund 80 km/h kollidiert Fabio Jakobsen (24) mit dem Absperrgitter. Dem Ganzen geht kein Fahrfehler des Niederländers voraus, er wird von seinem Landsmann Dylan Groenewegen (27) abgedrängt und kann den Horror-Sturz nicht mehr verhindern. Jakobsen zieht sich schwere Gesichtsverletzungen zu und wird bewusstlos ins Krankenhaus geflogen. Eine Notoperation und zwei Tage im künstlichen Koma folgen, zwischenzeitlich besteht Lebensgefahr.
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Groenewegen kämpft mit psychischen Problemen
Unfallverursacher Groenewegen bricht sich das Schlüsselbein, das ist aber nicht die einzige Wunde, die beim 27-Jährigen heilen muss. Mit seinem Rempler macht er sich innert Sekunden zum meistgehassten Radfahrer der Welt. Das geht nicht spurlos an ihm vorbei.
Wenige Tage nach dem Crash äussert sich Groenewegen in einem emotionalen Interview mit dem hölländischen Sender «NOS». «Das war deutlich mein Fehler. Ich bin von meiner Linie abgewichen und das darf man nicht», nimmt er die Schuld auf sich und betont, dass es nie seine Absicht war, andere Fahrer in Gefahr zu bringen. Trotz Schuldeingeständnis bläst ihm nach wie vor ein harter Wind entgegen.
Am Dienstag spricht nun sein Manager Martijn Berkhout, der auch Fabio Jakobsen betreut, in der Tour-de-France-Talkshow «Avondetappe» über den aktuellen Gesundheitszustand seiner Schützlinge. Groenewegen habe sich zwar keine allzu gravierenden Verletzungen zugezogen, dennoch leide er nach wie vor unter den Folgen des Crashs. Und das vor allem psychisch.
«Sowas im Radsport noch nicht erlebt»
«Es gibt hier wirklich nur Verlierer. Dylan wurde und wird täglich über Social Media bedroht. Sowas haben wir im Radrennsport noch nicht erlebt», erzählt Berkhout. «Es ist nicht so, dass er sich gut fühlt, er muss mit den Konsequenzen leben. Er trainiert zwar momentan, aber nicht normal.» Die beiden Fahrer hätten in der Zwischenzeit auch Kontakt gehabt, derzeit konzentriere sich Jakobsen aber voll und ganz auf seine Genesung.
Über seine Comeback-Aussichten hält sich Berkhout bedeckt. «Die Zeit wird zeigen, ob Jakobsen wieder zurückkehren wird. Wir müssen abwarten, ob sein Körper soweit regeneriert, dass er wieder Leistungssportler und Topsprinter werden kann.»
Beide Fahrer werden von ihren Teams unterstützt, um die Folgen des Horror-Crashs zu verarbeiten. Unterstützung, die sie aufgrund ihrer körperlichen respektive seelischen Wunden brauchen können. (bir)