Von wegen Corona-Ferien. Auf der faulen Haut gelegen ist Nino Schurter in den letzten Wochen und Monaten kaum. Zwei, drei Wochen liess es der Mountainbike-Star etwas ruhiger angehen. In der restlichen Zeit liess er seinen unbändigen Siegeswillen ans Steuer.
«Ich habe eigentlich die meiste Zeit sehr intensiv trainiert. Ich war stundenmässig sogar noch mehr auf dem Bike als in anderen Jahren», verrät Schurter. Der 34-Jährige war auch mehr auf dem Rennvelo, hat mehr Lauftraining absolviert. Denn weil die Wettkämpfe wegfielen, brauchte es auch die damit verbundenen Erholungsphasen nicht. Also hat Schurter einfach weitergepowert. Alles für sein grosses Ziel. «Ich will unbedingt Gold nächstes Jahr in Tokio verteidigen. Und ich hatte das Gefühl, ich muss diese Zeit jetzt nutzen.»
Der Olympiasieger und achtfache Weltmeister hat festgestellt, dass er seine Schwächen ausmerzen muss. Einerseits wegen dem Kurs in Japan. Dieser bietet viele kurze, aber steile Anstiege. «Damit ich diese explosiver bewältigen kann, habe ich versucht, Muskelmasse aufzubauen», sagt Schurter.
Andererseits hat Schurter sein Training aber auch seinem grössten Gegner angepasst. «Es gibt jüngere Fahrer, die explosiver sind als ich», weiss Schurter. «Mathieu van der Poel etwa.» Den Holländer beschreibt Nino als extrem sprintstark. Auf kurze Efforts habe er mehr Power. Die letzten Duelle gingen stets an den Rad-Allrounder. «Er ist sicher einer meiner Hauptgegner nächstes Jahr bei Olympia. Wenn bei ihm alles passt, dann wird es extrem schwierig, ihn zu schlagen.»
Schurter hat die Corona-Pause bewusst dafür eingesetzt, diesen Nachteil gegen den 25-Jährigen wettzumachen. Corona könnte also zum Gold-Trumpf werden für Schurter.
Schurter beim Swiss Epic
Seine neue Power kann er ab Dienstag erstmals zeigen. Schurter tritt beim Swiss Epic an. Fünf Etappen führen über 320 Kilometer und 12 250 Höhenmeter durch seine Bündner Berge um Laax, Arosa und Davos.
Für Schurter wird es der erste internationale Renneinsatz in diesem Jahr. Und auch hier zeigt sich sein Siegeswille. Denn das Swiss Epic ist eines der wenigen Rennen, das der langjährige Mountainbike-Dominator noch nicht gewonnen hat. Das soll sich diese Woche ändern.
Im Training hat Schurter drei der fünf Etappen exakt abgefahren, die anderen kann sich der Bündner gedanklich zusammenwürfeln. Er kennt alle Aufstiege, weiss, wie lange sie sind. Er weiss, wo die gefährlichen Abfahrten sind und wie viel Risiko er eingehen kann. Er weiss, welches Material er wo einsetzen muss. «Das bringt einem nur schon mental extrem viel.»
Der Stellenwert des Swiss Epic ist gross für Schurter. Nach ein paar nationalen Rennen kann er es kaum erwarten, wieder gegen internationale Top-Leute wie Jaroslav Kulhavy anzutreten. «Die Saison ist ja ziemlich kastriert. Es gibt nur zwei Weltcup-Rennen, die WM und die EM.» Schurter aber ist einer, der letztlich die grosse Rennbühne braucht. «Die kleineren Rennen waren bis jetzt okay, aber machen nicht mehr so Spass. Wenn es um den Weltcup, Medaillen oder andere internationale Rennen geht, da brennt in mir das Feuer, alles zu geben.»