2021 statt 2020. Die Olympischen Spiele werden wegen der Corona-Krise definitiv verschoben. Das IOC hat sich nach langem Abwarten zu diesem Schritt durchgerungen und schafft damit Klarheit für die Sportler.
Nicola Spirig (38), Triathlon
«In den vergangenen Monaten habe ich täglich auf das grosse Ziel, meine fünften Olympischen Sommerspiele, hingearbeitet und war topmotiviert. Die ungewisse Situation in den letzten Wochen war jedoch schwierig. Nun bin ich froh, Klarheit zu haben und stehe voll und ganz hinter der Entscheidung des IOC, die Olympischen Spiele um ein Jahr zu verschieben. Ich denke, sie ist für alle Athleten, Trainer und übrigen Beteiligten das Beste. Die Gesundheit aller Menschen steht klar an erster Stelle. Was der Entscheid für meine sportliche Zukunft bedeutet, kann ich im Moment noch nicht sagen. Ich werde nun die neue Situation gemeinsam mit meiner Familie und meinem Team besprechen und analysieren.»
Mujinga Kambundji (27), Leichtathletik
«Ich bin schon enttäuscht von dieser Nachricht. Ich habe mich wirklich sehr auf Tokio gefreut und dort super Spiele erwartet. Aber es ist für alle wichtig, dass die Spiele richtig durchgeführt werden können. Dass das Publikum kommen kann und es faire Wettkämpfe gibt. Ausserdem gibt es im Moment Grösseres als den Sport und ich habe in den letzten Tagen mit der Verschiebung gerechnet.
An meinem Alltag ändert es sowieso nicht viel. Eventuell muss ich die Planung etwas anpassen. Es kommt darauf an, welche Wettkämpfe jetzt noch stattfinden. Ich hoffe sehr, dass Ende August die Europameisterschaft durchgeführt werden kann. Und auch, dass die grossen Meetings in der Schweiz möglich sein werden. Denn ich würde ja trotzdem gerne zeigen, was ich so trainiert habe dieses Jahr. Und sowieso freue ich mich jetzt umso mehr auf 2021.»
Nino Schurter (33), Mountainbike
«Olympia ist so speziell. Meine Vorbereitung dauert vier Jahr und das steht so fix im Kalender. Ich hätte mir nie vorstellen können, dass daran etwas rütteln kann. Es ist eine krasse Situation. Schwer dies zu begreifen, obschon die momentane, weltweite Krisensituation die Durchführung der Spiele nicht rechtfertigen würde.
Für mich ist es im ersten Moment positiv, dass man jetzt weiss was läuft. Es war eine schwierige Situation, nicht zu wissen, ob die Spiele stattfinden. Darum ist es einerseits eine Erleichterung. Man hat Gewissheit, das macht es einfacher. Auch wenn ich eine sehr gute Vorbereitung hatte und Form und Timing gepasst hätten, tritt dies alles in den Hintergrund. Im Moment und für die nahe Zukunft zählen höhere Werte und Ziele.»
Kariem Hussein (31), Leichtathletik
«Aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Im Moment gibt es Wichtigeres auf der Welt und andere Prioritäten. Natürlich ist es schade. Aber wir erhalten ein neues Datum und auf dieses werde ich mich nun fokussieren. Ich sehe das Gute. Das gibt mir ein Jahr mehr, um mich vorzubereiten und ich bin weiterhin voll motiviert, dann halt einfach in einem Jahr anzugreifen.»
Silvan Dillier (29), Rad
«In Spanien, Italien und Frankreich dürfen Rad-Profis momentan gar nicht raus, um zu trainieren. Ich in der Schweiz kann wenigsten alleine meine Runden auf dem Rennrad drehen. Eine Chancengleichheit ist dies in der Summe nicht. Daher finde ich es eine faire Entscheidung, dass Olympia verschoben wird. Klar, jeder kann zuhause auf der Rolle fahren – aber irgendwann macht die Psyche da nicht mehr mit.
Es ist also richtig, dass nun Gewissheit herrscht – jeder kann sich so auf 2021 vorbereiten. Enttäuscht bin ich nicht, eher erleichtert. Nun herrscht Klarheit. Gleichzeitig frage ich mich, wie nun grosse Rennen wie die Tour de France oder die Tour de Suisse, noch stattfinden sollen. Sie wären ja vor Olympia auf dem Programm gestanden. Ich hoffe wirklich, dass sich die Situation bis August oder besser noch früher beruhigt.»
Lea Sprunger (30), Leichtathletik
«Ich habe die Entscheidung getroffen, dass 2021 meine letzte Saison der Karriere sein wird mit den Weltmeisterschaften von Eugene. Da diese wohl wegen Olympia verschoben werden, erlebe ich also wohl keine WM mehr. Problematischer ist im Moment aber sowieso, die Unsicherheit für den Rest der Saison 2020. Normalerweise haben wir einen Countdown auf eine grosse Meisterschaft hin. Auf ein Meeting oder den Saisonstart. Davon gibt es derzeit nichts. Alles ist komplett unklar. Ich versuche weiterhin jedes Training so zu nehmen, um am entsprechenden Tag bereit zu sein. Wann auch immer der kommen mag. Ich bin sicher, dass dies einen Unterschied machen wird, wenn es um die nächsten Medaillen geht.
Stan Wawrinka (34), Tennis
Der Romand postet in den Sozialen Medien ein Foto seiner Olympia-Doppel-Goldmedaille, welche er zusammen mit Roger Federer 2008 geholt hat. Dazu schreibt er ganz einfach und trocken: «See you in 2021!»
Géraldine Ruckstuhl (22), Leichtathletik
«Es ist mega schade. Denn es war der totale Fokus. Aber es war der einzig richtige Entscheid, er ist sehr sinnvoll. Ich bin jetzt froh und erleichtert. Denn es war zuletzt eine ungewisse Zeit. Wie es weiter geht, weiss ich noch nicht. Wir müssen die ganze Planung überarbeiten, ich werde mir neue Ziele setzen. Olympia war mein grosses Ziel. Aber auch die Europameisterschaft in Paris Ende August. Und sie wurde noch nicht abgesagt. Darauf bereite ich mich vor. Sollte auch das abgesagt werden, ist 2020 ein Zwischenjahr für mich.
Ich werde an allem arbeiten, wo ich mich verbessern kann. Ich bin noch jung, 22 Jahre alt. Für mich ist die Olympia-Verschiebung nicht schlimm. Aber für jene, die ihre Karriere mit diesem Highlight beenden wollten, ist es hart – sie müssen entscheiden, ob sie noch weitermachen wollen oder nicht.»
Elena Quirici (26), Karate
«Wenn man die Lage weltweit sieht, ist die Verschiebung die richtige Entscheidung. Aus meiner Sicht platzt trotzdem ein riesiger Traum. Es wäre das erste Mal, dass Karate olympisch ist. Vom Weltverband her wäre ich bereits qualifiziert gewesen. Ob meinen Platz jetzt für Olympia 2021 bestehen bleibt, weiss ich nicht. Vielleicht wird das massgebende Ranking auch wieder geöffnet. Zuletzt habe ich nicht mehr gearbeitet – ich habe ein Jahr als Vollprofi für Olympia geschuftet, wollte erst danach wieder einsteigen. So richtig die Entscheidung ist, so bitter ist sie auch für mich.»
Tanja Hüberli (27), Beachvolley
Auf der einen Seite bin ich sicherlich enttäuscht. Olympia war unser grosses Ziel und man hätte nie damit rechnen können, dass die Olympischen Spiele diesen Sommern nicht stattfinden. Wir haben diesem Ziel alles untergeordnet. Aber auf der anderen Seite habe ich im Dezember am eigenen Leib erfahren, dass es nichts Wichtigeres gibt als die Gesundheit (Tanja Hüberli erlitt eine Lungenembolie, d. Red.). Und wenn man sieht, was momentan abgeht, haben wir derzeit andere Probleme. Wir müssen diese in den Griff kriegen und damit ist es die absolut die richtige Entscheidung, die Spiele auf nächstes Jahr zu verschieben.
Jérémy Desplanches (25), Schwimmen
«Das ist die einzig richtige Entscheidung. Ich bin trotzdem hin- und hergerissen, denn ich bin Sportler. Und als Sportler sage ich: Verdammt! Denn für Olympia gab ich alles, wirklich alles. Aber aktuell ist der Sport nicht das Wichtigste, sondern die Gesundheit der Menschen. Darum unterstütze ich die Entscheidung. Es wäre ein Spiel mit dem Feuer gewesen, Olympia durchzuführen. Wie es nun weitergeht, weiss ich nicht. Aber sicher ist: Mein olympischer Traum geht weiter.»
Stefan Küng (26), Rad
«Ich finde die Entscheidung sehr gut. Wir haben alle darauf gewartet, es ist richtig dass sie nicht weiter zuwarten. Es ist mega heftig, ich hätte nie gedacht, dass Olympia eines Tages würde verschoben werden. Aber Olympia ist ein Fest, da sollten die Menschen keine grosse Sorgen haben. Das ist jetzt anders. Corona wird uns noch eine Weile beschäftigen. Ich hoffe, dass sich alles bis 2021 gelöst hat und wir schöne Olympische Spiele erleben werden. Aufgeschoben ist ja nicht aufgehoben. Schlimm ist das nicht, ich war noch nicht in der spezifischen Tokio-Vorbereitung.»
Maria Ugolkova (30), Schwimmen
«Diese Verschiebung ist logisch für mich. Wichtig ist, dass wir alle gesund bleiben. Ein Risiko einzugehen, lohnt sich nicht. Aktuell kann ich sowieso nicht mehr trainieren, alle Schwimmbäder sind ja geschlossen. Es wäre also auch nicht fair, weil andere Athleten in anderen Ländern dies noch können. Es nun gibt viele Fragezeichen, meine Planung ist sehr ungewiss. Trotzdem versuche ich, so fit wie möglich zu bleiben.»
Max Heinzer (32), Degenfechten
«Von der Motivation her war es in den letzten Wochen natürlich schwierig, als sich die Absage bereits abzeichnete. Vor allem die Einheiten bis zur Leistungsgrenze waren mental hart. Ich bin jetzt froh um diese Klarheit. Jetzt fällt das wettkampfspezifische Training weg. Ich hoffe einfach, dass die Qualifikation nicht komplett bei null starten wird. Denn wir befanden uns in einer super Ausgangslage und standen vor dem letzten Qualifikationsturnier mit dem Team unmittelbar vor der Qualifikation, die auch drei Einzelstartplätze bedeutet hätte. Ich kann mir aber vorstellen, dass alle Varianten diskutiert werden. Persönlich war es ohnehin mein Ziel, nach Tokio 2020 weiterzumachen. Meine Sponsoring-Verträge waren alle für Tokio 2020 terminiert. Ich hoffe, dass man da ein Jahr anhängen kann. Auch wenn die Wirtschaft natürlich derzeit andere Probleme hat. Mich selbst halte ich aktuell aufgrund des Coronavirus alleine weiterhin daheim mit Einzeltraining fit. Unter anderem mit Ergometer oder Spinning. Zudem feile ich weiter an der Technik. Im Vordergrund stehen aber aufgrund des ungewissen Kalenders Einheiten im Grundlagen-Bereich.»
Giulia Steingruber (26), Kunstturnen
«Ich finde den Entscheid absolut vernünftig und richtig in dieser speziellen Weltsituation. Die Zukunftsplanung muss genau überdacht werden, und ich denke, es sollten keine Schnellentscheide vollzogen werden. Es braucht Zeit, eine gewisse Enttäuschung zu verarbeiten und neu durchzustarten.»
Pablo Brägger (27), Kunstturnen
«Für uns ist dieser Entscheid sicherlich nachvollziehbar. Jedoch müssen wir uns jetzt Gedanken machen, wie es weitergeht. Es war alles auf Tokio ausgerichtet. Jetzt gilt es, die Zukunftspläne anzupassen. Trotzdem unterstütze ich den Entscheid des IOC voll und ganz.»
Oliver Hegi (27), Kunstturnen
«Ich unterstütze den Entscheid voll und ganz, denn die Gesundheit geht vor. Trotzdem ist es schade, dass viele Athleten für diesen einen Anlass so hart trainiert haben und er nun verschoben wird.»
Claudio Imhof (29), Rad Bahn
«Die Verschiebung ist der einzig richtige Entscheid. Ich hatte in den letzten Tagen gehofft, dass es so weit kommen würde. Vom Gesundheitsaspekt, der in diesem Fall zentral und entscheidend ist, einmal abgesehen: Wir Velorennfahrer gehören ja noch zu den Privilegierten, wir können draussen halbwegs normal trainieren. Aber ohne Wettkämpfe wäre trotzdem kein vernünftiger Aufbau möglich gewesen.»
Stefan Reichmuth (25), Ringen
«Das Virus muss weltweit überstanden sein, damit man überhaupt wieder von Olympischen Spielen reden kann. Die Absage ist deshalb nichts als fair. Ich habe Kollegen in Italien oder Spanien, die derzeit nur in der Stube hocken können. Für mich persönlich denke ich, dass die Medaillen-Chancen in einem Jahr nicht kleiner sein werden. Allerdings kann es auch sein, dass die Resultate der Olympia-Qualifikation nun gelöscht werden. Das heisst, dass mein dritter WM-Rang vom letzten Jahr auf einmal keinen garantierten direkten Quotenplatz mehr für die Olympischen Spiele bedeuten würde. Ich gehe auch davon aus, dass nun ohne Olympia für den Herbst Weltmeisterschaften angesetzt werden. Ich werde vorderhand auch ohne absehbare Termine am Technik-Profil feilen, im Grundlagen-Bereich weiter trainieren oder weiteres Video-Studium betreiben. Ich denke, dass ich Profi-Ringer bleiben kann, auch wenn meine Verträge bis Tokio 2020 liefen.»
Martin Fuchs (27), Reiten
«Natürlich bin ich etwas enttäuscht, denn zuletzt waren Clooney und ich gut im Schuss. Für mich macht die Verschiebung jedoch keinen grossen Unterschied, ausser dass auch Clooney dann ein Jahr älter sein wird. Aber das muss kein Nachteil sein. Bei Clooney hätte jetzt langsam die Vorbereitung für Tokio angefangen. Nun dauert seine Pause einfach noch etwas länger. Diese Olympia-Absage ist irgendwie doch ein spezielles Gefühl, das ganze letzte Jahr über hat mal immer wieder an die Spiele gedacht.»