Stefan Küng (27) schlägt sich selbst!
Beim zweiten Zeitfahren der Tour de France wird der Thurgauer Vierter. Nur Vierter. «Ich bin sehr enttäuscht», sagt er. Sein Frust ist verständlich. Denn: Küng startet viel zu schnell auf die 30,8 flachen Kilometern zwischen Libourne und Saint-Emilion. Die Folge? Er gerät bei ohnehin hohen Temperaturen in den roten Bereich. Davon erholt sich Küng nicht mehr. «Ich wollte alle in Grund und Boden fahren und dachte, dass ich alle schlagen werde. Aber ich habe überzogen und den Preis dafür bezahlt.»
«Ich war wohl übermotiviert»
Tatsächlich ist Küng bei der ersten Zwischenzeit noch Zweiter, er hat nur drei Sekunden Rückstand auf den späteren Sieger Wout van Aert (26, Be). Alles im Lot, denken viele. Doch Küng selbst merkt: Das wird nicht gut gehen! Er behält recht. «Ich hatte immer diesen Tag im Hinterkopf, fühlte mich stark, war aber wohl übermotiviert», gibt er zu. Tatsächlich bricht Küng – selbstredend auf hohem Niveau – ein. Bei der zweiten Zwischenzeit liegt er 30 und im Ziel 38 Sekunden zurück. Frust pur!
Während spekuliert wird, ob Küng mehr Gegenwind hatte als andere, sucht der Europameister für seinen Anfängerfehler keine Ausreden. «Ich bin ein Zeitfahr-Spezialist und ich habe genug Erfahrung», sagt er.
Küngs Namensvetter Stefan Bissegger (22) geht die Luft im Gegensatz zu Küng zwar nicht aus, der Youngster zahlt aber den Preis für drei harte Tour-Wochen. Er wird mit 44 Sekunden Rückstand Fünfter. Ein gutes Resultat, zumal er seine erste Grand Tour bestreitet. «Ich fühlte mich nicht super, bin aber zufrieden», so Bissegger
Pogacar gewinnt die Tour erneut
Und was passiert im Kampf um den Gesamtsieg? Es ist gar kein Kampf – das ist schon vor dem Rennen jedem klar. Leader Tadej Pogacar (22) muss bei weitem nicht ans Limit gehen, er zehrt von seinem grossen Vorsprung und wird Achter. Damit steht es fest, dass der Slowene am Sonntag zum zweiten Mal die Tour gewinnen wird – eine unglaubliche Leistung. Zweiter wird Jonas Vingegaard (24, Dä) und Dritter der Tour-de-Suisse-Sieger Richard Carapaz (30, Equ).
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Zurück zu Küng. Viel Zeit, um seine Wunden zu lecken, hat er nicht. In zehn Tagen starte er in Tokio schon zum Olympia-Zeitfahren. Mit einem Anflug von Sarkasmus sagt er: «Geht die Hauptprobe in die Hose, wird die Premiere umso besser. Von daher bin ich zuversichtlich.»